Es gibt genügend Gründe im Alltag zu verzagen und "an der Menschheit" zu verzweifeln. Und das nicht erst seit heute - auch nicht erst „seit dem Virus“. Menschen mussten immer wieder nach Quellen der Kraft und der Inspiration suchen, um handlungsfähig zu bleiben
Wer Vertrauen fasst und zu sich selbst findet, wer Werte, Grenzen und Spielräume neu bewerten kann, der vermag es, vieles im Leben zu umarmen. Es muss nicht die körperliche Umarmung sein, die ohnehin im Augenblick nicht in der Form geht. Mit Umarmen meine ich das Leben genießen, Hindernisse als Herausforderungen anzunehmen und daraus zu lernen. In uns und in der Gemeinschaft gibt es ebenso viele Quellen der Inspiration wie Gründe zur Resignation. Welche?
Ich nenne unsere Hauptressource: Umarmen. Das ist der praktische Ausdruck unserer Lebendigkeit, unserer Lebensfreude. Das ist das, was eigentlich einen Clown ausmacht. Das ist der Stoff, aus dem Komik und Humor gedeihen. Mit Umarmen meine ich nich praktizieren - Ich meine das wahrnehmen , annehmen und wertschätzen, was uns spielerisch macht, was uns der Welt und anderen öffnet, was uns und andere erfreut, was unser Mitgefühl und unser Interesse anregt und ermutigt.
Mit Umarmen schließe ich die Fähigkeit ein, Hindernisse als Quellen der Lösung und als ein Schlüssel zur Freude des Spiels zu erkennen. Wir neigen alle dazu, Unangenehmes herunterzuspielen, zu ignorieren, beschönigen, verlachen oder schlicht leugnen. Manche greifen gar diejenigen an, die auf Gefahren und Vorsichtsmaßnahmen hinweisen. Das ist nichts Neues. Dies ist nur eine andere Form des Widerstandes gegenüber Realitäten, die uns Angst machen.
Auch wenn wir uns sehr ungern hilflos fühlen, ist dies ein Aspekt unserer Lage als Menschen – der „condition humaine“ - der wir nicht aus dem Weg gehen können. Dies bedeutet nicht, Nichts tun zu können, nicht lachen zu dürfen. Im Gegenteil: Umarmen heißt, das Leben, wie es ist, anzunehmen und daraus zu lernen. Es ist in Ordnung, über Verluste zu trauern, Angst zu empfinden, sich Sorgen zu machen, zu weinen, wütend zu sein.
Gefühle zuzulassen, gerade die sogenannten unangenehmen Emotionen, ist die Voraussetzung dafür, neue Lebenskraft zu schöpfen. Die Pause für sich zu nützen, Zeit zum (sicheren) Durchatmen und Kontakte pflegen – zu sich und zu anderen – stärkt unsere größten Fähigkeiten: Unsere Menschlichkeit, unseren Lebenswillen und unseren Humor.
Gerade bekomme ich eine email mit einem praktischen Vorschlag zur neuen Schutzkleidung mit austauschbaren Gefühlsregungen. Dies könnte allein eine Anregung für Clowns sein, aber vielleicht ist dies auch so vonnöten. Warum in dieser Zeit Deine Gefühlsregungen maskieren? Ist die Maske eine neue Form "notwendiger" Zurückhaltung.
Ich lerne gerade auch nach und nach, mit den sozialen Medien umzugehen. Gerade ist es nicht leicht, an webcams und MagicBoxes heranzukommen. Jeder will streamen und im Internet "zoomen" (auch wenn hier wohl Vorsicht geboten ist). Ich auch! Kommende Woche hoffe ich zu lernen, wie direkt in die Kamera schauen, damit Du den Eindruck hast: Ich spreche zu Dir. Die Augen sind das direkte Mittel, in persönlichen Kontakt zu kommen. Der Mund und die Augen tragen den gefühlsbetonten Ausdruck. Das brauchen wir alle. Und es ist gerade das, was uns im Augenblick gefährden kann.
Du kennst bestimmt Robin Williams? Bekannt durch Filme wie "Good morning, Vietnam" und "Der Club der toten Dichter". Er spielte auch den Clownarzt Patch Adams, der auch seit den 90er Jahren immer wieder in Deutschland zu Besuch war und die heutigen Clowndoktoren und KlinikClowns mit inspirierte. (Ich habe ihn auch als Übersetzer bei einer Tournée begleitet.) Kannst Du Dir vorstellen, er würde sich den Mund verbieten?
Ich habe heute früh bei youtube verschiedene Auftritte von ihm angeschaut. Sie sind ein Feuerwerk von Inspiration, Assoziation, Imitation und Spiellust. Er stellt sich ganz auf seine ZuschauerInnen ein. Von Zurückhaltung keine Spur. Wie er heute auf Distanzregelungen reagieren würde? Er hatte gar sein Leben beendet, um nicht erleben zu müssen, wie sein unbändiger Ausdruck durch seine Krankheit langsam versiegte. So sehr war Ausdruck und Spielraum Kern seiner Lebendigkeit. Er hätte bestimmt Wege gefunden, um sich im Internet Luft zu machen! Hier eine Szenenzusammenstellung, um einen Eindruck davon zu bekommen.
Also finde doch neue Wege, in Kontakt zu bleiben, Dein Herz zu öffnen, Deine Gefühle zu zeigen und Dein Lächeln, Deine Spiellust und Deine Lebendigkeit zu teilen. Danke Annemarie.
Seit 1983 begleite ich viele Menschen, die in unterschiedlicher Weise den Clown und den Narren als entscheidende Anregung und praktische Hilfe zu neuen Lebenswegen genutzt haben. Komik entsteht gerade durch die Erschaffung einer Notlage, sogar ausgerechnet durch die Verstärkung einer Notlage und nicht durch die vorzeitige Auflösung oder Harmonisierung. Humor ist die Qualität, mit menschlicher Not so umzugehen, dass wir die emotionale Würde beibehalten, selbst wenn wir noch keine Antwort darauf haben, bis uns der Kopf schwirrt.
Gerne denke ich dabei an eine Teilnehmerin, die im Laufe der letzten 10 Jahre viele "Narrensprünge" getan hat. Den Anfang nahm dies durch eine erste Bühnenerfahrung. Dabei nahm sie sich einen Schemel, setzte sich darauf und wusste nichts anderes zu tun, als auf dem Schemel zu sitzen und zu warten.
Sie trug eine alte Hose mit Hosenträgern, ein kariertes Hemd und hielt eine Handtasche vor sich, als ob sie sich an ihr festhielte. Sie atmete ab und zu schwer durch. Sie schien wirklich nicht zu wissen, wie es weitergehen sollte. Sie schien auf eine Anweisung vom Schicksal zu warten - oder vielleicht einfach von mir, damit es weiterginge. Nach einer ganzen Weile fragte ich sie dann doch als Regisseur, wie es ihr ging. Da sagte sie auf schwäbisch: "So hab`i mei` Läbe`it vorgstellt!" Alle Teilnehmer mussten lachen.
Das war zunächst nicht komisch gemeint. Oft ist es so, dass das Komische erst von außen für andere sichtbar ist. Das Tragikomische ihrer Lage, die sich in dieser Szene spontan zeigte, war nicht nur ein Bild der Situation auf der Bühne, in die sie sich manövriert hatte. Sie war ein genaues Bild einer Lebenssituation, die bis dahin ihr Leben ausmachte.
Dieser unerwartete Erfolg als unbeabsichtigte Clownin diente ihr aber als Ansporn, sich als Clownin weiter auszuprobieren. Ganz überracht war sie, als sie entdeckte, wie viel Lebensfreude und Lust auf Unsinn sie hatte. Sie stellte fest, dass diese Art des Spiels eine besondere Kraft in ihr freimachte, eine ihr eigene Komik, die erst dann geschah, als sie bereit war, sich ausgerechnet auf das einzulassen, was sie partout nicht trotz gutem Verstand nicht kapierte.
Einige Jahre später marschierte sie mit großem Elan in der Aufmachung von damals mit dem Zusatz einer roten Pudelmütze auf der Bühne hin und her, stellte sich dann hin und verkündete (erst auf die Beine, dann auf die Brust und dann auf den Kopf zeigend) mit großer Lebenslust und aus vollem Herzen: "Do isch nix! Do isch nix! Un do is no nie ebbes gewäh!" Auch hier erlebte sie große, lachende Zustimmung.
Komik entsteht so oft erst dann, wenn unsere alltägliche, selbstverständliche Sicht der Dinge nicht mehr ausreicht. Humor ist die grundlegende Qualität, gerade damit so umzugehen, dass wir gerade in der Niederlage unsere gesunde Heiterkeit wieder finden.
Das Corona-Virus ist nicht witzig. Auch wenn es wohl noch einige gibt, die es nicht ernst nehmen, die extremen Gegenmaßnahmen in Frage stellen oder gar die Existenz einer Pandemie leugnen. Dennoch stellt es unseren Alltag und unsere Sicht der Welt so umfassend auf den Kopf, dass wir die einmalige Gelegenheit haben, ebenfalls unsere Grundannahmen in Frage zu stellen. Das ist für mich die Grundlage eines lösenden, heilsamen Humors.
Sonst nur in einem Krieg erkennen Menschen, was sie eigentlich miteinander verbindet. Andererseits werden Trennlinien in ihrer Auswirkung noch deutlicher sichtbar. Mitten in anscheinend friedlichen Zeiten wirkt die Ausbreitung des Corona-Virus wie ein Kriegsgeschehen.
Tatsächlich sprechen manche von einem „Krieg“ gegen das Virus, den es „zu gewinnen gilt. Manche beschweren sich darüber, dass die Regierung für sie entscheidet und sehen ihre Freiheit in Gefahr. Manche sind „anderer Meinung“, was oft nichts anderes bedeutet, als dass sie meinen, es besser zu wissen. Die meisten haben keine andere Wahl als die Auswirkungen hinzunehmen, ob es heißt: Zu Hause zu bleiben und mit den Auswirkungen dessen zurecht zu kommen oder ob es heißt: Trotzdem weiter arbeiten, wenn sie im Krankenhaus, im Lieferdienst oder in anderen lebenswichtigen Bereichen arbeiten.
Ich gehöre zu denen, die in keinem offensichtlich lebenswichtigen Bereich arbeite, obwohl ich verständlicherweise der Meinung bin, dass Humor ein absolut lebenswichtiger Bereich ist. Ich nehme durch die Unterbrechung die Gelegenheit wahr, das weiterhin zu tun, was die Grundlage meiner Arbeit ist: Zu beobachten, wovon ich ein Teil bin und woran ich Anteil nehme: Ich bin doch – so weit ich das sehe – ein Teil der Menschheit. Humor ist auch die Fähigkeit, die alltägliche, selbstverständliche Sicht der Dinge zu unterbrechen. In der Unterbrechung entsteht eine andere Sicht der Dinge, da wir sozusagen nicht mehr „mitten drin“ sind.
Meine Arbeit besteht darin, Menschen auf diese andere Sicht hinzuweisen, indem ich sie dazu bringe, die bisherigen und noch andauernden Lebenshaltungen so verstärkt und überzeugt zu verkörpern, als wären sie „die letzte Wahrheit“. Wenn wir diese Verkörperungen auf der Bühne sehen, erkennen wir meistens welche wieder, die wir selbst in unserem Alltag verkörpern. Sie sind für uns „Realität“. Wir bekommen den Freiraum, darüber zu lachen. Wir sind erheitert und dadurch mit einer inneren Realität verbunden, die „noch realer“ ist, wie ich das sehe. Deshalb erscheint eine gelungene Komik doch so simpel, bis wir es selbst versuchen.
Gerade die Bühne gibt Menschen die Möglichkeit, zu einer anderen „gelösten“ Sicht der Dinge zu erlangen, die in uns ein befreites Lachen erzeugen kann. Sie stellt in Frage, was wirklich ernst ist und wovon wir uns lösen könnten, wenn wir dazu bereit wären und es auch wollten.
Aber auch so stellt uns die Unterbrechung die Frage: Wie gehe ich sinnvoll mit meiner Zeit um? Werde ich nicht von „Langeweile“ überfallen und vielleicht „verrückt“ werden. Die größte „Gefahr“ ist eher, dass aus der gefürchteten „langen Weile“ frische Ideen ersprießen und dass aus der „Verrückt-heit“ wir sicher, gelöst und heiter zu unserem gesunden Selbst finden. Der bewusst wahrgenommene Moment erweckt unser spielerisches Wesen zum Leben.
Brauchten wir erst ein weltumspannendes Virus, uns das beizubringen?
Heute abend fängt das jüdische Passahfest an. Dies ist das Fest, das der Jude Jeschua ben Josef, der zum Jesus Christus wurde, mit seinen Jüngern feierte. Dies wurde im Christentum zum Abendmahl. In diesem Jahr laufen beide inzwischen sonst oft durch unterschiedliche Zeitrechnungen zeitlich und durch unterschiedliche Anlässe inhaltlich voneinander getrennte Feste wieder einmal parallel (Abend des 8. bis zum Abend des 16. April 2020).
Ich verstehe mich weiterhin als Jude, auch wenn ich von meiner Familie getrennt lebe. Die meisten Festlichkeiten im Judentum findet sowohl in der Familie als auch in der Gemeinde statt. So werden am Anfang des Festes ein oder zwei „Seder-Abende“ gefeiert. „Seder“ heißt im Hebräischen „Ordnung“. Der Abend verläuft nach einer bestimmten Ordnung ab und feiert einen Grundstein der jüdischen Erfahrung und des jüdischen Selbstverständnisses. Es feiert den Auszug aus der Versklavung in Ägypten. Wann dies genau war, ist umstritten. Die Diskussion geht von 1490 vor Chr. bis zum 1370 vor Chr. Obwohl im Judentum alles als geschichtlich angesehen wird, ist die Geschichte Teil eines Entstehungsmythos, der nicht zeitlich zu fixieren ist, aber grundlegend für das Selbstverständnis der Herkunft.
Mein eigenes Selbstverständnis als Jude wird einmal durch meine Kindheit und Jugendzeit in meiner jüdischen Familie und Gemeinde geprägt sowie durch alles, was ich im Judentum praktizierte, was man mich lehrte, was ich darüber las und über die geschichtliche Erfahrung des Judentums, besonders in der christlichen Welt, die fast mit dem sogenannten Holocaust, sprich mit dem Versuch Nazideutschlands die Juden gänzlich zu vernichten. Das Judentum ist als ein Verständnis als Volk, das auf eine bestimmte Weise seine Religion praktiziert. Es verbindet unzertrennbar Nation mit Religion. Das hat zu einer etwa 3000-jährige Geschichte von den Ursprüngen als Nomaden zu einem Verständnis als Volk, zu einer Gründung als Religion, dann als Nation an einem Ort, zu einer Spaltung des Landes und Verteilung über die Welt, zu einer Reihe von Verfolgungen bis hin zu der „Neu-Gründung“ Israels im Jahr 1948. Ich bin 1949 in England geboren worden. Bei all diesen Einflüssen und bei all den Unterschieden im Selbstverständis unter Juden selbst, bei ihren Versuchen, sich in die christliche bzw. islamische Welt zu integrieren und gleichzeitig getrennt und erkennbar, entsteht fast naturgemäß eine Reihe von Widersprüchen und Differenzen auch untereinander. Auch ist nicht jeder Jude religiös. Auch wenn ich heute von vielen Juden sicherlich nicht als religiös angesehen wäre und ich durch die Lebensentscheidungen, die ich getroffen habe, in keiner Gemeinde integriert bin, wirkt sowohl Religion als auch Nation weiterhin in mir und es wirken die Folgen des Versuches auch heute nach, das Judentum – Religion und Volk – vernichten zu wollen. Auch die moderne Geschichte Israels zeugt von diesen Widersprüchen und ungelösten Differenzen. Gerade die orthodoxen Juden lehnen die Existenz Israels ab, obwohl gerade sie fast am meisten davon profitieren.
Ich habe für mich versucht, meinen eigenen Weg durch diese Widersprüche zu finden, die alles beeinflussen: Ob Du heiratest, ob Du Kinder bekommst oder nicht, wie Du lebst, ob du Jude bleibst, ob es eine Wahl gibt, wie Du mit der Möglichkeit der Vernichtung umgehst (geschah nicht nur einmal in der jüdischen Geschichte, sondern ist unzertrennlicher Teil davon, besonders unter dem Christentum), ob Du Dich äußern darfst, ob es ratsam ist, Dich zum Judentum zu bekennen. Jeder Jude hat sich mit diesen Fragen mehr oder weniger befassen müssen, um für sich jeweils eine Lösung zu finden.
Ich habe schon von den „Narrensprüngen“ berichtet, mit denen ich versucht habe, mit dieser persönlichen Situation umzugehen, die ich mehr oder weniger mit Millionen anderer Juden teile. Meine Auseinandersetzung mit dem Judentum und mit dem Christentum betrifft aber nicht allein mich als Juden, sondern eine ähnliche Auseinandersetzung müsste eigentlich alle Christen betreffen, die sich für das Wohl ihres eigenen Selbstverständnisses nicht vom Umgang mit dem Judentums trennen können, ob sie es wollen oder nicht, ob sie es wahrhaben wollen oder nicht. Und beide können nicht umhin, als sich mit dem Islam in ähnliche Weise auseinanderzusetzen.
Ich habe schon beschrieben, wie meine „Narrensprünge“ für mein Bestehen und für mein Humor entscheidend waren. Das Bestehen meines Humors war mit meinem eigenen Weiterbestehen als freier Mensch, der sich wertschätzt und einen würdigen Platz in dieser Welt einnimmt.
Ich bin darauf gekommen, wie wichtig es für den Humor ist, sich zu lösen, Spielraum und Freiraum zu finden. Da Humor sehr verschieden ist, wenn wir davon ausgehen, worüber Menschen lachen, wollte ich für mich herausfinden, ob es etwas gibt, was Humor eigentlich ausmacht, unabhängig davon, wo jemand her ist, unabhängig von den offensichtlichen und mannigfaltigen Differenzen unter den Menschen. Ich wollte herausfinden, was uns verbindet. Denn das ist mein Interesse und das, worin ich die größte Sicherheit unter unterschiedlichen Menschen vermute. Bei meiner Herkunft könnt Ihr das vielleicht nachvollziehen.
Ich sehe also im Humor den aktiven Wunsch danach, sich zu lösen, sich aus den Konflikten zu lösen, die uns innerlich und äußerlich so quälen – weil anscheinend unlösbar. Die Erfahrung des Lachens, des Miteinander-Lachens verbindet uns mit einer Form der „Hilflosigkeit“, die uns gut zu Gesicht steht, weil wir darin akzeptieren, dass wir nicht nur im Grunde nichts kontrollieren können, sondern dass wir gut beraten sind, unsere „Hilflosigkeit“ erst einmal zu akzeptieren, um was es auch immer geht. Erst daraus ergibt sich die beste Lösung, d.h. wie wir am besten handeln.
Wir sind dazu geneigt, die Dinge so zu sehen, wie wir sie immer sehen. Viele Konflikte entstehen aber gerade aus unserer unbeweglichen Sicht der Dinge. Wenn es uns aber nicht gelingt, eine andere Sicht der Dinge zu gewinnen, können wir nicht anders handeln, als wir immer handeln. Wenn wir aber genauso handeln wie immer, bleiben die Konflikte oder das Unvermögen bestehen. Wir müssten uns daraus lösen. Es müsste in uns etwas Anderes geben als die gelernte Prägung, die oft eine „Lösung“ oder wenigstens ein „Umgang“ war mit einem früheren Problem. Und zwar, es müsste diese Fähigkeit in uns geben, sich zu lösen. In diesem Fall wäre ein lösendes Lachen mit der Erkenntnis verbunden, dass die gelernte Prägung absolut unzulänglich sei, wenn nicht völlig entgegengesetzt von dem, was wir eigentlich brauchten. Wir müssten darüber lachen, dass wir uns trotzdem immer noch daran halten, obwohl diese Prägung nichts nützt. Wir müssten darüber sowohl lachen als auch darüber verzweifeln, dass wir immer noch an Lösungen festhalten, die sich in dieser Situation schon längst als unzureichend, gar widersinnig erwiesen haben.
Wir sind aber auch geneigt, uns darüber zu mokieren, dass man anders handeln könnte als sonst. Sonst wären wir nicht die, die wir sind. Wir handeln ja so, gerade weil wir so sind. Wenn wir anders handeln würden, wären wir irgendwie nicht richtig. Wir würden uns „verraten“. Also müssen wir so handeln, wir wir immer gehandelt haben. Sonst wären wir „blöd“. Wer anders spricht, ist „selbst blöd“, redet „Schwachsinn“.
Was hat das alles also mit dem Passahfest zu tun? Was hat all dies mit den Konflikten zu tun, die ich oben angesprochen habe. Was hat dies alles mit meinem Verständnis vom Judentum, von diesem Fest, ja von Humor zu tun? Ist das nicht alles sehr abgehoben?
Ich gehe gerne auf meine Ursprünge des Verstehens zurück, ob man dies unsere Entstehungsgeschichte oder unseren Entstehungsmythos nennt, um auf ein grundsätzliches Verstehen zu kommen, das mich auch heute handeln lässt. Mir ist es wichtig, aus einer Tradition zu lernen und in einer Tradition zu handeln, besonders wenn diese Tradition das Trennen aus der bekannten Prägung, sogar auf einem Bruch mit der Tradition besteht. Warum? Um einen Weg zu zeigen, den man immer als Mensch wieder finden muss, um das zu bleiben, was man ist und hofft zu bleiben: Ein Mensch.
Wie geht ein Clown mit der Corona-Krise um? Hier eine sehr wohlwollende Reaktion von Götz Gödecke, Geschäftsführer der Vianova-Akademie in Itzehoe (unten mein Arbeitsraum) auf meinen Newsletter und meine Antwort, wie ich Humor verstehe:
Wir lesen auf Facebook, und ich zitiere ihn: „Diese Woche bekamen wir eine Email von David Gilmore, unserem Referenten (nächster Workshop "Humor ist mein Ernst" am 12. & 13. Mai 2020), die uns ziemlich beeindruckt hat" Götz Gödecke fragt: "Seht Ihr eine Krise? Wie geht ein Clown mit der Corona-Krise um? Wie ein Referent, der plötzlich keine Einnahmen mehr hat, weil alle Kurse abgesagt werden? Gibt es da noch was zu lachen? Ist da noch Platz für Humor? Oder sollte man den Humor lieber unter dem Bett verstauen und hoffen dass die Motten ihn nicht ganz aufgefressen haben, wenn wir ihn nach der Krise wieder hervorholen wollen?.......“
Ich möchte hier etwas mir Wichtiges korrigieren, was das Verständnis von Humor betrifft: Viele Leute erkennen Humor daran, dass „wir was zu lachen haben“. Wenn sie „nichts zu lachen hätten“, hätten sie also keinen Humor. Das kann nicht sein. Das würde bedeuten, sich von einer wesentlichen Quelle ihrer Lebenskraft zu trennen. Humor ist die grundsätzliche menschliche Qualität, gelöst zu sein. Humor ist die Fähigkeit, diesen Grundzustand immer wieder hervorzuholen und zu erneuern. Einmotten auf eigenes Risiko.
Mehr zur Akademie und ihrem Angebot findet sich hier auf ihrer Webseite
Auf facebook ist die Akademie hier zu finden.
Großer Seminarraum der Vianova Akademie, Itzehoe
Was macht eine Krise aus, frage ich mich? Auf jeden Fall, wenn ich in eine akute Notlage komme, die mich existentiell bedroht und es ist kein Ausweg in Sicht. Wenn ich aber in eine Notlage komme und Lösungsmöglichkeiten sehe, verliert eine Krise seine „Krisen-Haftigkeit". Sie bleibt akut. Ich kann aber handeln.
Was mich gerade betrifft, kann ich nicht arbeiten. Ein Hauptmerkmal meiner Arbeit ist der direkte Kontakt zu anderen Menschen und der Wunsch, sie zu sich und zueinander zu bringen; ist einen Ort zu schaffen, in dem sie gemeinsam sein können und darin ihre Gemeinsamkeiten sehen, ihre Lebensfreude zum Ausdruck bringen, gemeinsam lachen, gemeinsam spielen; ist einen Ort zu schaffen, in dem Spielraum entsteht.
Gerade das scheint erst einmal, gar nicht zu gehen oder nur sehr vermindert. Es kostet eine besondere Anstrengung, die Verbindung zu anderen aufrecht zu erhalten. Wenn ich mir trotzdem die Mühe mache, erlebe ich, dass wir zur Zeit eine ähnliche Erfahrung durchleben. Das verbindet und gibt Kraft.
Was tun viele Menschen in einer Krise? Sie verstecken sich. Sie beklagen sich. Sie klagen an. Sie leugnen. Sie streiten darüber, ob dies wirklich eine Krise ist bzw. wer eigentlich dafür verantwortlich ist, dass wir eine Krise haben, die keine ist. Sie beweisen, dass die Verantwortlichen sowieso falsch damit umgehen, falsche Zahlen nennen, jedenfalls nicht die, die sie vermuten. Und es gibt manche, die die Situation als Herausforderung annehmen und manche, die sich der Not-Wendigkeit stellen.
Ich merke, wie die Diskussionen und Petitionen bei mir eher eine Beklommenheit hervorrufen. Ich habe den Eindruck, dass es vielen schwer fällt, sich solidarisch zu verhalten, weil sie anscheinend denken: "Ich bin nicht krank. Mich trifft es also nicht. Opfer wird es immer geben. Das sind die anderen. Warum sollte ich ein Opfer bringen, indem ich auf mein Einkommen und auf Geselligkeit verzichte?" Oder: Ihr Misstrauen gegenüber dem „Staat“ kommt zum Vorschein. Sie wollen selbst über alles entscheiden, weil sie niemand als sich selbst sonst trauen und verlieren durch Anordnungen für eine Allgemeinheit ihren persönlichen Spielraum.
Gerade mir ist meine Lebensgrundlage plötzlich „verschwunden“. Ich wüsste aber nicht, wer mein Gegner sein sollte, wem ich die Verantwortung geben müsste. Ich suche nach Ressourcen und finde Wege. Das ist für mich nichts Neues. Ich bereite schon mal die Möglichkeit vor, einen Teil meiner Arbeit, durch Videokonferenz, durch Auftritte im Internet zu verwirklichen, neue Angebote zu schaffen. Das hatte ich schon lange vor. Und ... ich spreche mit der Bank.
Was also mache ich jetzt? Ich mache erst einmal „gar nichts“. Wir gehen einkaufen. Ich spiele Klavier, übe Oboe, schreibe an meinem Buch, mache mir Gedanken, beobachte das Leben, lasse mir Zeit - und wasche mir die Hände.
Ich habe immer wieder darüber nachgedacht, wie ich Pause machen könnte. Jetzt habe ich tatsächlich mindestens einen arbeitsfreien Monat, um mich um meine Gesundheit und um die meiner Familie zu kümmern und auch sonst sinnvoll den Raum zu nutzen. Pause machen ist ein wesentlicher Aspekt des Freiraums und der Selbstfürsorge, die wir alle brauchen. Manchmal braucht "der Humor", der mir so wichtig ist, erst einmal eine Konfrontation mit einer unumgänglichen Wahrheit. Ent-Täuschung ist also ein wichtiger "Bestandteil" von dem, was ich unter Humor verstehe. Genießt also erst einmal die Pause....
Bei mir stand Humor immer im Mittelpunkt. Manche verbinden damit mehr das Lachen, manche das Spiel, manche den Witz. Manche sehen die körperlich-seelische Gesundheit als wichtiges "Ergebnis". Manche sehen die "Narrenfreiheit" als der eigentliche Wert. Das kann ich alles natürlich unterschreiben.
Für mich war Humor nicht allein ein "Rettungsanker im Alltag", sondern für mich war er lebensnotwendig, um mein Leben entscheidend zu wenden. Um mich konkret aus meinem engen Denken und aus den engen Räumen meiner familiären Verhältnisse zu lösen, war es entscheidend Freiraum für mich zu schaffen, nämlich: Mich von vielen eigenen Beschränkungen des Denkens, von meinen Ängsten, Vorbehalten und Trägheit zu lösen und einen "Narrensprung" nach dem anderen zu wagen. Humor ist zu einer Voraussetzung und zu einer Form des Handelns geworden.
Nur so kann ich andere Menschen unterstützen, die ähnlich für sich mehr Freiheit des Fühlens, Denkens und Handelns wollen. Durch die eigene Erfahrung, Vertrauen zum eigenen Ausdruck zu stärken, kenne ich viele der Hürden, die vielen Menschen im Wege stehen. Ich habe spielerische Wege für mich gefunden, sie zu überwinden. Sie decken sich durchaus mit anderen Methoden, sich zu lösen und Spielräume zu schaffen. Aber gerade die Improvisation aus dem Augenblick und die Fähigkeit, aus eigenem Material Spielmaterial als Clown zu entwickeln, ist meine Art, mich sowohl im Alltag zu behaupten, mich von Prägungen zu lösen und mein Lachen immer wieder zu finden. Freiraum hat immer für mich bedeutet, einen Raum zu schaffen, in dem ich mich sicher fühlen konnte.
Erst dadurch habe ich mich trauen können, mich überhaupt zu zeigen. Ich war nicht immer wohlwollend mir gegenüber. Bis ich langsam einsehen musste, dass ich das selber brauche. In einer menschlich warmen Atmosphäre ist es den meisten Menschen erst möglich, sich zu erlauben, offen und spielerisch zu sein – zu wagen, sich zu zeigen.
So stellt Humor für mich sowohl einen konkreten Lebensweg als auch einen Lebenskompass und eine Art Messlatte dar, wie wohl, gesund und handlungsfähig wir uns fühlen.
Die Tage werden wir auf mannigfache Art geprüft, gerade was unser Sinn für das, was wir als wirklich empfinden...
Eine mail hat mich vor ein paar Tagen erreicht mit dem einzigen Satz: „hast Du ne Ahnung was da läuft?“ In einer weiteren mail steht: „Wow, wer hätte das gedacht! Ein Gefühl, wie im Film oder eher im falschen Film. Ein Gefühl so fremd … und auf einmal ist alles ganz anders.“ Wieder eine andere spricht: „Ach du liebe Güte! Hier ist es kalt, aber wunderschön. Alle Straßen leer! Alle Radfahrer halten 1,5 Meter Abstand! Wir haben munteren E-Mail-Austausch, sogar die kleinen Querelen der letzten Wochen sind vergessen!“ Und dann als Antwort an die erste: „naja, irgendwie stehen wir alle vor Corona ziemlich dumm da....sollen nicht mehr arbeiten, sollen uns testen lassen, sollen Angst haben, sollen zuhause bleiben, sollen alles sinnvoll finden, sollen es hinnehmen, dass es ja sowieso kommt, sollen es aber auch wieder nicht hinnehmen, sondern keine Angst haben, sollen auf KEINEN FALL panik haben, aber wir sollen schon wissen, wie gefährlich es ist, aber auf keinen Fall Angst haben.... und wenn wir sagen, es ist doch ein milder Verlauf, wenn wir gesund sind, dann sind wir Leute, die GEFÄHRLICHE THESEN verbreiten...“
Was lösen diese Aussagen in mir aus?
Mich im falschen Film zu fühlen, ist nicht ungewöhnlich in meinem Leben. Dieses Gefühl habe ich immer mit mir herumgetragen. Dieses Gefühl führte mich dazu, nicht nur herauszufinden, wie ich „den richtigen Film“ finde, sondern ob es ein Leben gibt, jenseits eines Filmskripts. Ich wollte gar nicht im Film auftreten, schon gar nicht im Film anderer Leute. Und das tat ich trotzdem, obwohl ich es nicht wollte, musste ich feststellen. Das tun wir ja alle. Das müssen wir erst einmal tun. Wir lernen automatisch die Sprache, das Verhalten, die Orientierung und die Sichtweise der Menschen um uns. So wachsen wir in die Welt hinein.
Mich hatte es immer fasziniert, wie sehr wir von der Sichtweise um uns geprägt sind und vor allen Dingen, wie unterschiedlich und wie „wahr“ alle bestehenden Sichtweisen sind. Es wird oft als „gefährlich“ für die eine Sichtweise angesehen, wenn man eine andere kennen lernen will. Oft wird davon abgeraten, sich überhaupt dorthin zu begeben, dort wo diese Art zu sehen vorherrscht. Und doch tun es nicht wenige. Hier zeigt sich der altbekannte Widerspruch zwischen „Sicherheit“ und „Freiheit“ .
Der Film, der gerade einen Riss bekommt, ist also uns sehr vertraut. Wir sind so sehr damit aufgewachsen, dass wir nicht mehr sehen können, dass diese „Normalität“ nur vorübergehend ist und nur eine Spielart der vielen Möglichkeiten menschlichen Lebens und Zusammenlebens. Vorübergehend gibt es einen Riß in der bekannten „Normalität“ .
Vielleicht ist dieser Riß eine Art Pforte zu einer anderen Realität. Wie immer, wenn die Dinge schief liegen.
Und apropos recht haben…. Ich habe gerade einen Beitrag des ARD aus Rom gelesen
Mir gefällt es, Menschen zuzuhören, von denen ich den Eindruck habe, sie haben nicht nur Ahnung, weil sie etwas studiert haben, sondern auch deshalb, weil sie vieles erlebt, durchlebt, überlebt, durchdacht und emotional bearbeitet haben. Von solchen Menschen meine ich, am meisten zu profitieren. Deshalb bin ich dem Rundfunk-Beitrag des ARD-Korrespondenten Jörg Seisselberg vom 19.3. über die Ansichten des emeritierten Professors für Soziologie Franco Ferrarotti sehr dankbar.
Ich finde, dabei ist folgende Aussage Ferrarottis wesentlich:
"Ich glaube, wenn die Krise vorbei ist, werden wir eine enorme Wiederkehr von Lebensfreude und Lust am Wiederaufbau erleben. Ähnlich wie am Ende des Krieges wird es in ganz Europa eine unglaubliche Explosion an Lebensfreude geben."
Interessant ist auch seine Beobachtung über das Verhalten seiner Landsleute
"Die Italiener sind unerträglich, wenn alles gut läuft. Aber im kollektiven Unglück, in geschichtlichen Krisen, bei Erdbeben, bei großen Schwierigkeiten, sind die Italiener wundervoll."
Vor einigen Jahren habe ich das Buch gelesen: „Der friedvolle Krieger“ von Dan Millman (Ansata Verlag, München 2000). Es gehört zu den Büchern, die mich mit beeinflusst bzw. beeindruckt haben, ohne dass ich gleich einer Dan-Millman-Gruppe beigetreten bin.
Da Dan Millman Olympischer Kunstturner war (bzw. wurde) war das Training, dass ihm von seinem Lehrer (von ihm „Socrates“ genannt) empfohlen wurde, ein hartes sportbasiertes Training. Dieses sollte nicht allein den Körper trainieren, sondern seine ganze Lebenseinstellung umkrempeln, um ihn von seinem ganzen „Gedankenmüll“ zu erleichtern. Zeitweise wurde er durch eine junge, unglaubliche (ich finde im Augenblick kein anderes Wort) Frau, genannt Joy, im Auftrag von Socrates ständig körperlich sportlich herausgefordert und seine auferlegte Abstinenz durch den ständigen Reiz ihrer erotischen Distanz auf den Prüfstand getestet. Auch ihre T-Shirts waren eine einzige Motivation. Einer deren Sprüche ist mir heute wieder eingefallen: „Glück ist ein voller Tank“.
Als ich über die Ereignisse der letzten Wochen und Tagen nachdachte und in den letzten Tagen die leeren Regale eines gewissen Haushaltsartikels selbst erlebte, dachte ich: Ob Glück in Wirklichkeit ein Lager voller Klopapier ist?
Ich bin wieder froh, an das Buch erinnert zu werden. Das hat mich damals wirklich sehr grundlegend orientiert, als ich noch über vieles sehr verwirrt war. Vor allen Dingen verband Dan Millman sein persönliches Glück und seine sportliche Leistung mit Humor und Heiterkeit und dies definitiv damit, sich von seinem Gedankenmüll zu lösen.
Schön, wieder einmal recht gehabt zu haben!
Da kann man wohl nichts anders erwarten. Die Google-Übersetzung auf facebook hat es schon wieder geschafft! Meiner Frau ist es aufgefallen, weil sie beide Versionen zu lesen bekommt. Die Übersetzung ist dermaßen grottenschlecht, weil so daneben, dass ich den Wunsch verspüre, sie richtig zu stellen.
Facebook stellt immer die Frage: Was machst Du jetzt? Ich habe diese Frage in meinem Beitrag lediglich wiederholt, bevor ich weiter darüber geschrieben habe (siehe vorigen blog-Beitrag).„Was mache ich jetzt?“ google: „What am I gonna do now?“. Abgesehen davon, dass ich Engländer bin und britisches Englisch spreche – man benutzt den Ausdruck „gonna“ gar nicht – habe ich nicht einmal sagen wollen: „Was werde ich jetzt tun? im Sinne von: „Wie werde ich jetzt mit der Situation umgehen?“ Ich wollte nur sagen: „Was mache ich jetzt!“ im Sinne von: „Was mache ich gerade?“ (die eigentliche facebook-Frage). Das ist ein großer Unterschied und bedeutet eher: „Wie verbringst Du gerade Deine Zeit?“ Es stimmt wohl, dass man diese Frage verstehen könnte, wie google sie versteht. Aufgrund der wunderbaren Kommentare, die ich bekommen habe, haben anscheinend viele meiner deutschen Leser dies durchaus so aufgefasst. Dennoch fehlt bei mir das Gefühl der Verzweiflung, die die Übersetzung suggeriert und ist nur eine mögliche Art, die Frage zu verstehen. Wie soll google das wissen? Schließlich ist es nur eine Maschine.
Und hier mein Kommentar auf Englisch dazu:
What can you expect! The google-translator has done it again! My wife noticed it because she gets both. It is so abysmally off that I feel I must put it into real English with the statements that I (and not google) wanted to make. For example: „Was mache ich jetzt?“ google: „What am I gonna do now?“ . Apart from the fact that I am English and speak British English which does not know „gonna“, I didn`t even say: „what am I going to do now?“ meaning „how am I going to deal with this situation?“ but simply: „What am I doing now?“ which is a lot different, more like: „how am I spending my time?“ It`s true that „Was mache ich jetzt?“ could be understood in the google-way – and it seems by the wonderful commentaries I have received that many of my German readers took it like that. Except that the desperation that the translation suggests is only one way of reading it in German and was not what I meant. How is google going to know? It`s only a machine after all.
And here it is in english: please compare this to the google version (if you`re interested):
What am I doing right now? After reading what both the federal and local government in my district of Freudenstadt/Black Forest have ordered, I realised that if I want to act responsibly, I need to cancel or put off my seminar programme for a month at least. So right now I`m not doing anything (I obviously mean work, I just realised). We`ve just been out shopping. I play the piano, practice my oboe, continue writing my book, just do some thinking and observe life around me. I`m taking time off – and washing my hands. I`ve been thinking for a long time now how I could possibly take time off. Now I actually have a month free of work to take care of my health, my family and to use the space I have in a sensible way. Taking a break is for me an essential part of being free and taking care of oneself that all of us need. And sometimes our humour which is so important to me personally requires us to confront unavoidable realities. Dis-illusion is an important pre-requisite of what I understand by being humourous. So enjoy the break...
Und hier der ursprüngliche Text:
Was mache ich jetzt? Nach den Verordnungen der Bundesregierung und der Gemeinde im Kreis Freudenstadt habe ich verstanden, dass verantwortungsbewusstes Handeln bedeutet, Veranstaltungen um mindestens einen Monat zu stornieren oder zu verschieben. So mache ich erst einmal gar nichts. Wir waren gerade einkaufen. Ich spiele Klavier, übe Oboe, schreibe an meinem Buch, mache mir Gedanken, beobachte das Leben, lasse mir Zeit - und wasche mir die Hände. Ich habe immer wieder darüber nachgedacht, wie ich Pause machen könnte. Jetzt habe ich tatsächlich einen arbeitsfreien Monat, um mich um meine Gesundheit und um die meiner Familie zu kümmern und auch sonst sinnvoll den Raum zu nutzen. Pause machen ist ein wesentlicher Aspekt des Freiraums und der Selbstfürsorge, die wir alle brauchen. Manchmal braucht "der Humor", der mir so wichtig ist, erst einmal eine Konfrontation mit einer unumgänglichen Wahrheit. Ent-Täuschung ist also ein wichtiger "Bestandteil" von dem, was ich unter Humor verstehe. Genießt also erst einmal die Pause....
Nach den Verordnungen der Bundesregierung und der Gemeinde im Kreis Freudenstadt habe ich verstanden, dass verantwortungsbewusstes Handeln bedeutet, Veranstaltungen um mindestens einen Monat zu stornieren oder zu verschieben. Ein Teilnehmer hat mir gerade seine Unterstützung bekundet, aber auch seine Enttäuschung, weil er sich auf den geplanten Abschnitt der Jahresgruppe so sehr gefreut hatte.
Jetzt fällt das Wochenende erst einmal aus. Der Teilnehmer meint, dass ihm da der Humor fehlt, weil er Witze und Sich-lustig-machen doch nicht passend oder möglich findet. Ich habe ihm geschrieben, dass ich mich seit der Entscheidung sehr gelöst fühle. Dies ist eher ein Zeichen für den Humor aus meiner Sicht und nicht so sehr, ob ich Witze darüber machen kann. Keine klare Entscheidung getroffen zu haben, schaffte mir eher ungelöste Spannungen. Da fühlte ich mich unfrei. Jetzt habe ich den Freiraum, mich um meine Gesundheit und um die meiner Familie zu kümmern und auch sonst sinnvoll den Raum zu nutzen. Pause machen ist ein wesentlicher Aspekt des Freiraums und der Selbstfürsorge, die wir alle brauchen. Manchmal braucht "der Humor" erst einmal eine Konfrontation mit einer unumgänglichen Wahrheit. Ent-Täuschung ist also ein wichtiger "Bestandteil" von dem, was ich unter Humor verstehe. Zusätzlich genießt unsere Umwelt eine erholsame Pause von uns. Das tut ihm bestimmt gut und dient eventuell dazu, dass wir Menschen einsehen, dass unsere Aktivität doch auf die Erde und die Atmosphäre auswirkt.... Manche behaupten immer noch das Gegenteil!
Seit 1983 begleite ich viele Menschen, die in unterschiedlicher Weise den Clown und den Narren als entscheidende Anregung und praktische Hilfe zu neuen Lebenswegen genutzt haben.
Gerne denke ich dabei an eine Teilnehmerin, die im Laufe der letzten 10 Jahren viele "Narrensprünge" getan hat. Einmal ging sie bei einer Übung auf die Bühne, nahm sich einen Schemel, setzte sich darauf und wusste nichts anderes zu tun, als auf dem Schemel zu sitzen und zu warten. Sie trug eine alte Hose mit Hosenträgern, ein kariertes Hemd und hielt eine Handtasche vor sich, als ob sie sich an ihr festhielte. Sie atmete ab und zu schwer durch. Nach einer ganzen Weile fragte ich sie als Regisseur, wie es ihr ging. Da sagte sie auf schwäbisch: "So hab`i mei` Lebe`it vorgstellt!" Alle Teilnehmer mussten lachen. Das war zunächst nicht komisch gemeint. Oft ist es so, dass das Komische erst von außen für andere sichtbar ist. Das Tragikomische ihrer Lage, die sich in dieser Szene spontan zeigte, diente als Ansporn, sich als Clownin weiter auszuprobieren. Ganz überracht war sie, als sie entdeckte, wie viel Lebensfreude und Lust auf Unsinn sie hatte. Einige Jahre später marschierte sie mit großem Elan in der Aufmachung von damals mit dem Zusatz einer roten Pudelmütze auf der Bühne hin und her, stellte sich dann hin und verkündete (erst auf die Beine, dann auf die Brust und dann auf den Kopf zeigend) mit großer Lebenslust und aus vollem Herzen:
"Do isch nix! Do isch nix! Un do is no nie ebbes gewäh!"
Auch hier erlebte sie große, lachende Zustimmung.