Das Corona-Virus ist nicht witzig. Auch wenn es wohl noch einige gibt, die es nicht ernst nehmen, die extremen Gegenmaßnahmen in Frage stellen oder gar die Existenz einer Pandemie leugnen. Dennoch stellt es unseren Alltag und unsere Sicht der Welt so umfassend auf den Kopf, dass wir die einmalige Gelegenheit haben, ebenfalls unsere Grundannahmen in Frage zu stellen. Das ist für mich die Grundlage eines lösenden, heilsamen Humors.
Sonst nur in einem Krieg erkennen Menschen, was sie eigentlich miteinander verbindet. Andererseits werden Trennlinien in ihrer Auswirkung noch deutlicher sichtbar. Mitten in anscheinend friedlichen Zeiten wirkt die Ausbreitung des Corona-Virus wie ein Kriegsgeschehen.
Tatsächlich sprechen manche von einem „Krieg“ gegen das Virus, den es „zu gewinnen gilt. Manche beschweren sich darüber, dass die Regierung für sie entscheidet und sehen ihre Freiheit in Gefahr. Manche sind „anderer Meinung“, was oft nichts anderes bedeutet, als dass sie meinen, es besser zu wissen. Die meisten haben keine andere Wahl als die Auswirkungen hinzunehmen, ob es heißt: Zu Hause zu bleiben und mit den Auswirkungen dessen zurecht zu kommen oder ob es heißt: Trotzdem weiter arbeiten, wenn sie im Krankenhaus, im Lieferdienst oder in anderen lebenswichtigen Bereichen arbeiten.
Ich gehöre zu denen, die in keinem offensichtlich lebenswichtigen Bereich arbeite, obwohl ich verständlicherweise der Meinung bin, dass Humor ein absolut lebenswichtiger Bereich ist. Ich nehme durch die Unterbrechung die Gelegenheit wahr, das weiterhin zu tun, was die Grundlage meiner Arbeit ist: Zu beobachten, wovon ich ein Teil bin und woran ich Anteil nehme: Ich bin doch – so weit ich das sehe – ein Teil der Menschheit. Humor ist auch die Fähigkeit, die alltägliche, selbstverständliche Sicht der Dinge zu unterbrechen. In der Unterbrechung entsteht eine andere Sicht der Dinge, da wir sozusagen nicht mehr „mitten drin“ sind.
Meine Arbeit besteht darin, Menschen auf diese andere Sicht hinzuweisen, indem ich sie dazu bringe, die bisherigen und noch andauernden Lebenshaltungen so verstärkt und überzeugt zu verkörpern, als wären sie „die letzte Wahrheit“. Wenn wir diese Verkörperungen auf der Bühne sehen, erkennen wir meistens welche wieder, die wir selbst in unserem Alltag verkörpern. Sie sind für uns „Realität“. Wir bekommen den Freiraum, darüber zu lachen. Wir sind erheitert und dadurch mit einer inneren Realität verbunden, die „noch realer“ ist, wie ich das sehe. Deshalb erscheint eine gelungene Komik doch so simpel, bis wir es selbst versuchen.
Gerade die Bühne gibt Menschen die Möglichkeit, zu einer anderen „gelösten“ Sicht der Dinge zu erlangen, die in uns ein befreites Lachen erzeugen kann. Sie stellt in Frage, was wirklich ernst ist und wovon wir uns lösen könnten, wenn wir dazu bereit wären und es auch wollten.
Aber auch so stellt uns die Unterbrechung die Frage: Wie gehe ich sinnvoll mit meiner Zeit um? Werde ich nicht von „Langeweile“ überfallen und vielleicht „verrückt“ werden. Die größte „Gefahr“ ist eher, dass aus der gefürchteten „langen Weile“ frische Ideen ersprießen und dass aus der „Verrückt-heit“ wir sicher, gelöst und heiter zu unserem gesunden Selbst finden. Der bewusst wahrgenommene Moment erweckt unser spielerisches Wesen zum Leben.
Brauchten wir erst ein weltumspannendes Virus, uns das beizubringen?