Was macht eine Krise aus, frage ich mich? Auf jeden Fall, wenn ich in eine akute Notlage komme, die mich existentiell bedroht und es ist kein Ausweg in Sicht. Wenn ich aber in eine Notlage komme und Lösungsmöglichkeiten sehe, verliert eine Krise seine „Krisen-Haftigkeit". Sie bleibt akut. Ich kann aber handeln.
Was mich gerade betrifft, kann ich nicht arbeiten. Ein Hauptmerkmal meiner Arbeit ist der direkte Kontakt zu anderen Menschen und der Wunsch, sie zu sich und zueinander zu bringen; ist einen Ort zu schaffen, in dem sie gemeinsam sein können und darin ihre Gemeinsamkeiten sehen, ihre Lebensfreude zum Ausdruck bringen, gemeinsam lachen, gemeinsam spielen; ist einen Ort zu schaffen, in dem Spielraum entsteht.
Gerade das scheint erst einmal, gar nicht zu gehen oder nur sehr vermindert. Es kostet eine besondere Anstrengung, die Verbindung zu anderen aufrecht zu erhalten. Wenn ich mir trotzdem die Mühe mache, erlebe ich, dass wir zur Zeit eine ähnliche Erfahrung durchleben. Das verbindet und gibt Kraft.
Was tun viele Menschen in einer Krise? Sie verstecken sich. Sie beklagen sich. Sie klagen an. Sie leugnen. Sie streiten darüber, ob dies wirklich eine Krise ist bzw. wer eigentlich dafür verantwortlich ist, dass wir eine Krise haben, die keine ist. Sie beweisen, dass die Verantwortlichen sowieso falsch damit umgehen, falsche Zahlen nennen, jedenfalls nicht die, die sie vermuten. Und es gibt manche, die die Situation als Herausforderung annehmen und manche, die sich der Not-Wendigkeit stellen.
Ich merke, wie die Diskussionen und Petitionen bei mir eher eine Beklommenheit hervorrufen. Ich habe den Eindruck, dass es vielen schwer fällt, sich solidarisch zu verhalten, weil sie anscheinend denken: "Ich bin nicht krank. Mich trifft es also nicht. Opfer wird es immer geben. Das sind die anderen. Warum sollte ich ein Opfer bringen, indem ich auf mein Einkommen und auf Geselligkeit verzichte?" Oder: Ihr Misstrauen gegenüber dem „Staat“ kommt zum Vorschein. Sie wollen selbst über alles entscheiden, weil sie niemand als sich selbst sonst trauen und verlieren durch Anordnungen für eine Allgemeinheit ihren persönlichen Spielraum.
Gerade mir ist meine Lebensgrundlage plötzlich „verschwunden“. Ich wüsste aber nicht, wer mein Gegner sein sollte, wem ich die Verantwortung geben müsste. Ich suche nach Ressourcen und finde Wege. Das ist für mich nichts Neues. Ich bereite schon mal die Möglichkeit vor, einen Teil meiner Arbeit, durch Videokonferenz, durch Auftritte im Internet zu verwirklichen, neue Angebote zu schaffen. Das hatte ich schon lange vor. Und ... ich spreche mit der Bank.
Was also mache ich jetzt? Ich mache erst einmal „gar nichts“. Wir gehen einkaufen. Ich spiele Klavier, übe Oboe, schreibe an meinem Buch, mache mir Gedanken, beobachte das Leben, lasse mir Zeit - und wasche mir die Hände.
Ich habe immer wieder darüber nachgedacht, wie ich Pause machen könnte. Jetzt habe ich tatsächlich mindestens einen arbeitsfreien Monat, um mich um meine Gesundheit und um die meiner Familie zu kümmern und auch sonst sinnvoll den Raum zu nutzen. Pause machen ist ein wesentlicher Aspekt des Freiraums und der Selbstfürsorge, die wir alle brauchen. Manchmal braucht "der Humor", der mir so wichtig ist, erst einmal eine Konfrontation mit einer unumgänglichen Wahrheit. Ent-Täuschung ist also ein wichtiger "Bestandteil" von dem, was ich unter Humor verstehe. Genießt also erst einmal die Pause....