In den letzten Tagen habe ich mich sehr gefreut: Andreas Neimcke vom Lohmarer Institut für Weiterbildung (LiW) bot mir ein Seminar auf Borkum an und bat mich um ein neues Thema. Das passte gut, weil ich gerade dabei war, das Thema "Stress im Alltag" und "Humorvoller Umgang mit sich" genauer zu gestalten.
Schon in Aschaffenburg (16.-18. September im Märchentheater) habe ich das Seminar: "Gelöst und ermutigt im Alltag. Das Feuer wieder wecken" konzipiert. Dort werde ich dieses Thema zum ersten Mal anbringen. Dann erweiterte ich bei der wirkstatt in Karlsruhe das geplante Tagesseminar: "Auf der Fährte des heilsamen Humors", so dass ein Wochenende zum Thema "Gelöst und ermutigt..." daraus entstanden ist. Jetzt gibt es dort drei Teile: Ein Erlebnisabend: "Humor und die Kraft des Lachens", ein Tagesseminar: "Vom Lebenswitz zur Lebenslust" und noch eins an dem Sonntag zum vorgesehenen Thema: "Auf der Fährte des heilsamen Humors". Der rote Faden bei allen Teilen ist die Verbindung von der Qualität des menschlichen Humors zu der Fähigkeit, sich zu lösen (18. - 20. Dezember wirkstatt, Karlsruhe).
Gerade in diesen Zeiten, in denen viele Menschen verzweifelt sind, weil sie sich von einem Virus heimgesucht fühlen, für das sie "nichts können", während andere meinen: "Mit ein paar Rezepten lässt sich alles lösen – eigentlich macht man zu viel Aufhebens um gar nichts", will ich noch mehr als sonst einen praktischen Beitrag leisten.
Diese Seminare sind für Menschen, die erkennen, dass Humor die zentrale Qualität des eigenen Umgangs bestimmt. Er mag oft schlicht daher kommen, ist aber schon etwas recht Komplexes. So können sie in diesem Seminar ein Modell des Umgangs erfahren und dabei wie sonst den Spaß am Spiel und am Clown genießen. Sie können erfahren, wie es sein könnte, sich zu lösen und die Frage stellen: Wovon denn eigentlich? Reicht es nicht, einfach zu lachen?Das „Immunsystem der Seele“ braucht es, sich zu lösen. Es braucht Freiraum, Spielraum, Beziehungsfähigkeit und Entscheidungskraft. Lösender Humor braucht diese „Zutaten“ und stärkt andersherum unsere seelische und mentale Gesundheit. Humor nützt uns sowohl beruflich als auch privat. Es ist eine grundsätzliche, positive Haltung dem Leben gegenüber, die auch in der Lage ist, das Unangenehme und Schwierige mit einzuschließen. Humor heißt, Freiraum in sich zu finden, die persönliche Kraftquelle zu finden, um durch den Lebenswitz die Lebenslust wieder zu mobilisieren. So stärken sich Teilnehmende die eigenen Stärken und entwickeln die eigene Form, die o.a. Aspekt in Ihr (Berufs-)Leben zu integrieren. Sie werden persönlich konkret einbezogen. Sie entwickeln praktische Schritte, um Ihr inneres Feuer wieder zu wecken, Ihre Resilienz zu stärken und mit Stress gelassener und mutiger umzugehen. Auf der Fährte des heilsamen Humors gehen Sie gelöst und ermutigt wieder in den (Berufs-)Alltag.
Ich freue mich ganz besonders auf das Angebot auf Borkum, weil wir schon durch die besondere Atmosphäre der Nordseeinsel und durch eine gewissen Abgeschiedenheit über 5 Tage die Gelegenheit haben, uns etwas eingehender mit dem Thema spielerisch zu beschäftigen. Wir können sowohl praktische, persönliche Ergebnisse mitnehmen als auch eine hilfreiche Erfahrung in einer geschützten Gesellschaft mit anderen machen. Beides lässt sich in den Alltag übertragen.
Das Seminar dort läuft als "Bildungsurlaub auf Borkum" unter dem Titel: Das Feuer wieder wecken! –Mit Humor gelöst und ermutigt im Berufsalltag. Humor als Ressource zur Resilienz und Stressreduktion (Seminarnummer 881020) vom 1. - 6. November 2020 (Sonntag, 19.30 Uhr - Freitag um ca. 13.00 Uhr). Preise: 695,- € (incl. Ü/VP); 795,- € (incl. Ü/VP) für Einrichtungen/Firmen; EZ-Zuschlag: 75,- € insgesamt
Die Villa Gerhards liegt in der Nähe des neuen Leuchtturms im Zentrum von Borkum Link: www.blinkfuer-borkum.de/accordion.html
Die Anmeldung ist beim Lohmarer Institut für Weiterbildung e.V., Donrather Str. 44, 53797 Lohmar. Tel.: 02246/302999-10; Fax.: 02246/302999-19 Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! / www.liw-ev.de
Und wieder war ich letztes Wochenende in Hannover. Ich übernachtete im Hotel "Schlafgut"... Nachdem ich Sonntag im Hotel meine Sachen eingepackt hatte, fing plötzlich ein „Höllenlärm“ an. Ich dachte zunächst, es sei ein Staubsauger, aber es hörte sich eher wie eine Motorsäge an, komplett mit dem Geräusch, das sie macht wenn man in regelmäßigen Umständen „auf die Tube“ drückt.
Ich kam einfach nicht drauf, was es sein könnte und das lärmende Geräusch fühlte mein Zimmer aus, war aber auch im Flur als ich zum Frühstück ging. Im Fahrstuhl auch und im Frühstücksraum. Es schien dort niemand zu stören. Es war nur eine Person dort und die Servicefrau.
Dennoch machte ich die Bedienung auf den Lärm aufmerksam. „Welchen Lärm meinen Sie?“ Ich war verblüfft. Nun dieser Lärm im ganzen Haus. „Ach so. Vielleicht kommt es vom Koffer“ bot sie hilfreich an. Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. „Da braucht man eher den Haustechniker. Vielleicht ist es die Heizung oder die Lüftung“ und tatsächlich, als ich mir die Lüftungsschacht näherte, schien er doch daher zu rühren. Sogar merkte ich die Vibration vom Boden, als ich meinen Koffer wegstellte.
Durch das ganze Frühstück ging der Lärm weiter. Es war kaum auszuhalten. Ein Ehepaar kam noch zum Frühstück und schienen sich nicht sonderlich daran zu stören. Sie merkten es wenigstens.
Ich aß zu Ende, sammelte meine Sachen und verabschiedete mich von der Servicefrau, die dann zur Rezeptionistin wurde. „Hoffentlich kommt der Haustechniker bald.“ Ich ging nach draußen. Der Lärm ging im Hof weiter. Gegenüber vom Hotel waren Werkräume. Jemand hat wohl eine Maschine laufen lassen. Und die Gebäude waren miteinander durch einen Übergang verbunden. Das war`s. Mensch!
Endlich war ich auf der Straße und neben mir schien das Auto auch zu brummen. Nicht nur im Haus – im ganzen Viertel. Schlimm! Ich näherte mich dem Auto. Das Auto war es auch nicht. Und dann dämmerte es mir: Ich ging mit dem Ohr vom Auto zu meinem Koffer. Das gibt`s doch nicht!
Ich machte den Koffer auf und der Lärm wurde noch deutlicher, dafür aber konzentrierter. Dann machte ich den Reißverschluss zu meiner Kulturtasche auf und da…. brummte meine elektrische Zahnbürste vor sich hin. Immer wieder nahm sie Anlauf – alle 30 Sekunden.Ich machte sie aus. Endlich war in Hannover wieder Ruhe. Die Bedienung im Hotel hatte wohl recht gehabt. Es fiel mir zwar schwer, dies zu glauben.
Vielleicht war sie zu höflich, um darauf zu bestehen. Sie hatte ja auf den Koffer hingewiesen. Ich denke, ich war so überzeugt, dass ich sie verunsicherte. Sie schien so verzweifelt zu sein wie ich und ging hin und her, hörte hier und dort, um nach der Quelle zu suchen. Den Haustechniker rief sie aber nicht an. Am Ende stellte sich heraus: Die einfachste Lösung für diese Störung, war wohl: Abwarten, bis der Gast von selbst ging.
Durch die Ereignisse der letzten 2 Wochen, durch die nicht zu rechtfertigende Tötung von dem schwarzen Amerikaner George Floyd durch vier Polizisten in Minneapolis USA, ist der Aufschrei „Black lives matter!“ unüberhörbar laut geworden. Tödliche Polizeigewalt gegen Minderheiten, und insbesondere gegen männliche, schwarze Amerikaner scheint nicht länger eine traurige Tatsache des amerikanischen Alltags zu sein, sondern ist zu einem Grund für entschlossenen Widerstand geworden.Es wird nicht nur nach einer anderen Polizei gerufen bzw. nach einer Umfinanzierung von sozialen und Schutzkräften, sondern nach der Beendigung des Rassismus in den USA überhaupt und darüber hinaus in vielen Städten Europas. Ein Zeichen dafür ist das Niederreißen von Statuen ehemaliger „Helden“ des Kolonialismus. In den USA sind das in den Südstaaten die Statuen der Generäle der Bundesstaaten der Konföderation, die im 19. Jahrhundert den Bürgerkrieg begann, um sich von den Nordstaaten loszusagen und die Sklaverei weiter unbehelligt zu betreiben. Viele Trainingslager der amerikanischen Armee tragen immer noch ihren Namen und sind eine dauerhafte Kränkung für jeden afro-amerikanischen Armeeangehörigen. Teilweise war das Feiern der Generäle der Südstaaten durch Reiterstatuen eine Folge der Gesetzgebung zur Fixierung der Rassentrennung zwischen 1877 und 1964. Sie sind also ein deutliches Zeichen der trotzigen Reaktion einer weißen Bevölkerung gegen das Aufbegehren der „befreiten“ Sklaven von damals, damit das Zusammenleben mit den Schwarzen verhindert wurde. Sie dienen auch als ein Zeichen dafür, wer hier eigentlich immer noch das Sagen hat.
In meinen Seminaren: „Die Kraft des Lachens“ benutze ich oft den Begriff „Esel“ in Bezug auf ein menschliches Verhalten, Widerstand zu leisten. Meistens meine ich damit die menschliche Neigung, das Gewohnte, das Bekannte zu verteidigen, selbst wenn diese Neigung eigentlich dazu führt, die eigenen Beschränkungen zu verstärken und einen lösenden Humor zu verhindern. Damit meine ich ein Abwehrverhalten, dass zu einem verbissenen Humor führt, gerade wenn wir in unseren Grundfesten angegriffen fühlen. Diese Art sitzt tief, ist aber oft gerade der Schlüssel zu einem befreiten Humor, wenn es einem gelingt, gerade dieses Verhalten als Clown oder als Narr zum Besten zu geben. Wenn wir jemand dafür bewundern, dass er oder sie über sich selbst lachen kann, meinen wir die Fähigkeit, den eigenen „Esel“ zum Besten geben zu können.
Die Proteste zeigen eine andere Form des „Esels“. Sie zeigen den „Esel“, den wir unbedingt brauchen, die Fähigkeit zum Schutze der eigenen Würde. Rassismus greift die Würde eines Menschen, ja einer ganzen Menschengruppe an. Heute sprechen wir eher von Formen der „Resilienz“.
Wenn ich denselben Namen für die eine wie für die andere Reaktion benutze, ist es mir wichtig auf die Ähnlichkeit der menschlichen Reaktion hinzuweisen. Es ist ja dieselbe Fähigkeit zur Abwehr. Nur unterscheiden sie sich darin, wozu sie benutzt werden. Sie sind daher oft voneinander schwer zu unterscheiden. Wir wissen oft selbst nicht, weshalb wir uns innerlich oder äußerlich sperren. Manchmal ist es gut so. Manchmal würden wir uns gar nicht zur Wehr setzen, wenn wir zu viel darüber nachdenken würden, auch wenn das dringend nötig wäre.
Ich beschäftige mich deshalb immer wieder mit dem „Phänomen“ Donald Trump, als "Hauptesel" sozusagen. Manche „Liberale“ in den USA fragen sich, weshalb er „Loser“ wie die Generäle der Konföderierten als Helden der amerikanischen Geschichte feiert, obwohl er eigentlich so sehr Gewinner und keine Verlierer mag. Dann musste ich an den englischen Begriff „Defiance“ denken: Trotz im Angesicht des Angriffs. Wenn er sich angegriffen fühlt, greift er an, schlägt zurück, gräbt sich ein und fühlt sich dabei im Recht. So sehen sich wohl viele Weiße noch im Süden, die ihn gewählt haben. Sie haben in vielem schon verloren, halten aber ihre „Ehre“ aufrecht und wollen wie „moralische Sieger“ aussehen. Sie bleiben deshalb stur und fühlen sich von ihm gut vertreten, auch wenn sie eigentlich nur Angst haben und sich nicht mit der Realität zurecht finden wollen, selbst in der Minderheit zu sein, was die Hautfarbe wie auch den Lebensstil und Meinung betrifft. Darüber hinaus sehen Manche in ihm wohl das letzte Bollwerk gegen die nicht mehr abzuwendende „Niederlage“ durch den unvermeidbaren Wandel in der Wirtschaft, durch die Automation und gegenseitige, internationale Abhängigkeit der Weltwirtschaft.
Dennoch: Es ist ein ähnliches Gefühl wie in dem Ausdruck der Verlierer gegen Franco im spanischen Bürgerkriegs „no pasarán“ („sie kommen nicht durch“) - in diesem Fall der Linken gegenüber dem drohenden, unaufhaltsamen unheilvollen Sieg der Rechten. Trotziger und heldenhafter Widerstand gerade im Untergang. Das Gefühl mag ähnlich sein.Die Entscheidung basiert immer darauf, was die Betroffenen für Wert halten zu verteigen und ob die "Gegenseite" das einsieht. Oder: Ob die Seiten sich unversöhnlich einander gegenüber stehen.
Die Hoffnung des Clowns ist immer mit dem berechtigten Widerstand der entrechteten Minderheit. Davon gibt es viele auf dieser Welt.
Ab Morgen bin ich wieder unterwegs. Das Virus hat noch kein Ende. Der Umgang mit ihm auch nicht. Alle Seminarhäuser und Schulen haben Hygieneregeln bekommen. Ich werde sie einhalten. Von TUT (Schule für Tanz, Clown und Theater in Hannover) habe ich erfahren, dass die Fortbildung: „Humor und Gesundheit“ starten kann – mit allen notwendigen Auflagen und mit einer Begrenzung der Teilnehmerzahl.Ich habe noch Gesichtsvisiere gekauft, die ich in den Supermärkten im Einsatz gesehen habe. Wenn ich mir überlegt habe, wie meine Seminare in der nächsten Zeit verlaufen sollen, sah ich als Hauptproblem, das wir unsere Gesichter nicht sehen. Das scheint mir eine gute Lösung zu sein. Wir werden auch dafür sorgen, dass Räume gut gelüftet sind und, wenn das Wetter erlaubt, draußen sein. Humor braucht einen sicheren Raum.
Am 1. Juli darf das Odenwaldinstitut auch starten und ich darf meiner verschobenen Fortbildung: „Das Ziel ist im Weg – Der Narr im Alltag“ beginnen. Wir werden den ersten Termin auch für Menschen öffnen, die das stornierte Wochenendseminar desselben Namens verpassten. Ich freue mich. Wieder eine Herausforderung mehr.
In dieser Zeit bin ich tatsächlich mit meinem Buch entscheidend weitergekommen. Ich habe verstärkt an meinem blog gearbeitet und zusätzlich noch facebook nützen gelernt. Ich habe angefangen, mit „zoom“-Treffen im Internet zu arbeiten und habe schon zwei Videos aufgenommen. Eins davon ist schon auf youtube veröffentlicht. Heute war Maurice Morell von Sylt gar bei mir zu Hause im Schwarzwald. Wir haben themenbezogene Videos aufgenommen, die recht bald auf meiner Website erscheinen.
Für mich sind 10 Wochen ohne direkte Seminartätigkeit fast vorbei. Diese Zeit hat mir wieder Anlass gegeben, über einige Grundsätze des Humors nachzudenken. Humor scheint so einfach zu sein – wer lacht nicht gerne? Gleichzeitig ist er so komplex. Hier einige Gedanken:
Humor ist die Fähigkeit, uns unsere Lebendigkeit, unsere Lebenslust zu feiern. Er hat viele Erscheinungsformen: Spiel, Witz, Schabernack, über den bekannten Rahmen hinauszugehen – wagen, sich öffentlich (mit anderen oder für andere zu freuen.) Humor ist eine Einladung, das Leben als bunt, als Spiel, zu begreifen. Heilsamer Humor nimmt das Leben ernst, löst aus festgefahrenen Sichtweisen, um bleibende menschliche Werte zu stärken. Humor ist Ausdruck der ausgelassenen Freude, des freien Spiels und grundlegende Qualität unserer mitfühlenden, seelischen Gesundheit. Heilsamer Humor mag Verhalten in Frage stellen, aber nicht die Würde eines jeden Menschen. Sonst hört der Spaß auf.
Ich freue mich darauf, Euch wieder persönlich zu begegnen. Wir werden miteinander mitfühlenden Humor, lösende Komik, befreienden Spielraum und die eigene Kraft des lebendigen Lachens gemeinsam erleben. Bis recht bald.
Gestern Nacht schaute ich mit Schaudern zu, wie friedliche Demontranten von mit Schlagstöcken, Gummigeschossen und Tränengas bewaffneter Militärpolizei auseinandergetrieben wurden, während Donald Trump im Rose Garden des Weißen Hauses eine Rede an das amerikanischen Volk hielt, die demonstrieren sollte, wie er als Vertreter vom Recht und Gesetz gegen Aufruhr vorgehen wollte. Dabei zeigten Fernsehbilder auf dem geteilten Bildschirm beiderlei Geschehen, wie Recht und Ordnung aussehen könnte. Dies war im wahrsten Sinne des Wortes ein "Moment fürs Fernsehen". Damit war der Weg geräumt, mit Vertretern seines Kabinetts inklusive mit Tochter und Schweigersohn vor eine nah gelegene Traditionskirche fernsehwirksam zu Fuß zu gelangen, um eine sogenannte "Foto-OP" abzuhalten. Dabei hielt er eine Bibel hoch und erklärte, es sei der PRÄSIDENT VON RECHT UND ORDNUNG.
Diesen Brief habe ich an die Guardian (UK), Washington Post und New York Times (USA) geschickt: "To the editors: Donald Trump spoke yesterday to the American people, and I feel, to all of us as well. It makes me shudder as he seems to be fulfilling the utmost contradiction of words and deeds any political cartoonist might be proud of. He held up a bible (in front of a church) and said "I am your President of law and order...." in the tone I used to hear when I used to read "I AM THE LORD YOUR GOD..." He went on "... and an ally of all peaceful protesters." Apart from the obvious split-screen TV scenes that put the lie to this, did you and your readers notice that he swore "...to protect the rights of law-abiding Americans, including your second amendment rights." I`m sure I don`t have to remind you that this is the right for civilian militias to bear arms, not the FIRST AMENDMENT, the right to free speech he says he`s defending. Is anyone laughing?"
(Auf deutsch) "An die Redaktion: Donald Trump sprach gestern an das amerikanische Volk. Ich meine, er sprach auch zu uns allen. Es schaudert mich zu erleben, wie er es schafft, Worten und Taten in einen solchen Widerspruch zueinander zu setzen, dass jedweder Karikaturist darauf stolz wäre. Er hielt eine Bibel (vor einer Kirche) hoch und sagte: "Ich bin der Präsident von Recht und Ordnung" genau in dem Ton wie ich den Satz aus dem "alten" Testament las "ICH BIN DER HERR, EUER GOTT..." Er fuhr fort "... (ich bin) ein Verbündeter aller friedlichen Demonstranten". Abgesehen vom offensichtlichen Gegensatz im geteilten Bildschirm (zwischen der Rede vom Schutz der Redefreiheit und dem Auseinandertreiben von friedlichen Demonstranten), der seiner Worte Lügen straften, ist Ihnen und ihrer Leserschaft vielleicht aufgefallen, dass er schwor "die Rechte von gesetzestreuen Amerikanern zu verteidigen, inklusive den zweiten Zusatz der amerikanischen Verfassung"? Ich brauche Sie wohl nicht daran erinnern zu müssen, dass dieser Zusatz das Recht für Bürgerwehren beschreibt, Waffen zu tragen und nicht den ERSTEN ZUSATZ, das Recht auf freie Meinungsäußerung, um den er ihm anscheinend geht. Lacht hier jemand?
Wer hier noch die Szene anschauen möchte, auf die ich mich beziehe:
Maurice Morell hat ein Interview mit mir geführt. Interessant hierbei ist, dass er das als ein Teilnehmer tut, der vor Jahren eine Woche Narrenfreiheit in einer bunten Gruppe im Osterberg Institut Niederkleveez gebucht hatte. Es war für ihn der passende Neu-Einstieg ins Thema Spielfreude, die Kraft des Lachens und die lösende Wirkung des Humors.
Gerade hat mir eine frühere Teilnehmerin meiner Jahresgruppen geschrieben: „Was mich gerade sehr beschäftigt: In meinem Umfeld, persönlich und privat, verbreiten sich immer mehr Verschwörungs-Theorien, ich bekomme von Menschen, die ich mag und schätze, zu hören, dass wir alle von denen ("die" heißt es dann - wer immer das auch ist) manipuliert werden, Bill Gates will die Menschheit ausrotten, dass dunkle Mächte gegen die hellen Mächte kämpfen.... usw.
Sie fährt fort: [Man sagt mir…] „dass ich doch dumm sei, wenn ich mich von den öffentlich-rechtlichen Medien, der Regierung an der Nase herumführen lassen würde. Ich finde damit keinen Umgang und fühle mich sehr hilflos,… Ich habe mich dann auch gefragt, ob und wenn ja wie der Humor mir da helfen könnte, Du weißt, ich lache gerne, aber mir bleibt in solchen Situationen die Luft weg zum Lachen.“Geantwortet habe ich (u.a.): „Wenigstens gibt es einen vernünftigen Menschen noch auf dieser Erde! Ich habe Deine Mail meiner Frau vorgelesen. Sie nickte und stimmte überein. Das kennt sie genauso, besonders im Internet. (Sie ist auf facebook durchaus aktiv). Ich freue mich, dass Du mir geschrieben hast. Es ist sicher nicht einfach, selbst das Gleichgewicht zu halten, wenn alle anderen schwanken. Vor allen Dingen geht es um den Umgang mit Hilflosigkeit, mit etwas was ich nicht kontrollieren kann, mit dem Gefühl der Ohnmacht.
Wie reagieren Menschen auf die Ohnmacht: Manche resignieren, kollabieren, geraten in Panik. Andere versuchen, gegen die "dunklen Mächte" den Kampf aufzunehmen. Star wars. Herr der Ringe. Um uns herum ziehen die dunklen Mächte sich zusammen und wir haben keine Chance – DOCH – wir wissen, wer wirklich an unserem Elend Schuld hat.... und wir setzen uns zur Wehr. In diesen Zeiten kommen diese emotionsgeladenen Reaktionen anscheinend sehr rational daher.
In Zeiten der Pest im 14. Jahrhundert (u.v.a) waren es - wie könnte das anders sein - die Juden, die schuld waren. Immer sucht man nach Schuld. Man konnte damals diese "Strafe" sonst nicht erklären. Man kam nicht darauf, dass es um einen Mangel an Hygiene liegen könnte und an den Ratten, die dadurch angezogen wurden.
Hier haben wir dieselbe Dynamik. Nur würden sich Deine Freunde/Freundinnen sich sehr dagegen wehren, in diesen Topf gesteckt zu werden. Nur, wo ist der Unterschied?
Es ist sehr verlockend, sich als tapfere Kämpferin/tapferen Kämpfer gegen die unsichtbaren Gegner doch zu wehren, ohne Aussicht, doch heldenhaft. Oder doch genau zu wissen, was WIRKLICH läuft. Alle anderen sind verblendet. Das ist eine Form der Paranoia. Vermutungen, Annahmen werden Realität. "Es geht mir so, also muss es so sein und irgendjemand muss das wollen. Ich blicke aber durch. Ich weiß Bescheid!"
Wirkung wird zur Absicht. Wir müssen Schutzmasken anziehen, also muss das jemand wollen. "Jemand will uns zwingen. Ich lasse mich aber nicht zwingen." „Allen anderen wird Angst gemacht, mir nicht!“
Mir hilft es, immer wieder meine Mitte zu spüren. Singen hilft, Oboe und Klavier spielen. Im Garten arbeiten. Holz hacken. Und Milane fotografieren. All das hat nichts mit diesem Wahnsinn zu tun, sondern hilft uns emotional auf gute Weise, uns zu regulieren. Darüber habe ich hier schon geschrieben.
Humor entwickelt sich aus einem Gefühl, bei sich zu sein und aus der Erkenntnis wie schnell man aus dem Gleichgewicht fällt. Wahrer Humor gründet auf der Fähigkeit, sich zu lösen – gelöst zu sein. Also verbringe viel Zeit mit dem, was Dich löst und zentriert - und was dem anderen hilft. Und mache klar, wann bei Dir der Spaß aufhört. Dann kann das Lachen wieder kommen. Und prüfe nach, was stimmt, was nicht stimmen kann und wozu Du stehst. Die Wirkung ist nicht unbedingt mit der Absicht geleichzusetzen.
Wie die Teilnehmerin sagte: „Vielleicht sollte ich dann einfach ein Dada Gedicht aufsagen, singen....“ Bleibt standhaft, sorgt für Dich und helft mit!
Gerade, weil ich Humor als eine zentrale menschliche Fähigkeit ansehe, interessiere ich auch mich dafür, wie „der Spaß aufhört“. Das gehört genauso dazu. Ansonsten würden wir „im Paradies“ leben, könnte man denken. „Paradies“ ist ein Zustand, den wir uns alle wünschen – das Paradies auf Erden: Leben, lieben, sich freuen, sozusagen.
Hätte irgendjemand etwas dagegen? Ich glaube nicht. Und selbst wenn wir noch die Arbeitswelt mit einbeziehen und das, was man gerne „den Ernst des Lebens“ nennt, schließt das die Lebensfreude keineswegs aus. Das muss überhaupt kein Gegensatz sein. Wir arbeiten gerne, nicht nur um Geld zu verdienen. Wenn sie uns fehlt, wie jetzt für viele, so fehlt uns etwas sehr Wesentliches. Das erleben viele gerade jetzt. Es geht also nicht darum, „Lebensfreude“ mit einem Leben auf der „faulen Haut“ gleichzusetzen.Die Fähigkeit zum Humor ist nicht unbedingt das Ergebnis eines sorgenfreien Lebens, sehr oft entsteht er durch das Gegenteil. Er stellt gerade einen besonderen Umgang mit den Ungewissheiten und Stolpersteine des Lebens dar. Er hilft uns, den Kontakt mit unserer Lebendigkeit wieder herzustellen, wodurch wir die kleineren und größeren Widrigkeiten des Alltags überwinden.
Wenn wir dies zur Grundhaltung machen können, sind wir immer in der Lage uns mit unserer Lebendigkeit in Verbindung zu setzen. Wir können unser seelisches Gleichgewicht wieder herstellen und das bestätigt uns in der Gewissheit, dass wir grundsätzlich in Ordnung sind. Daraus kann eine Gelassenheit entstehen, die sich viele Menschen wünschen und die uns hilft, mit unseren natürlich entstehenden Ängsten umzugehen. Das Lächeln des Dalai Lama zeugt von dieser Fähigkeit. Wenn wir so ausgeglichen sind, im Grunde zufrieden mit uns und die Welt, fühlen wir uns „in unserer Mitte“. Sie ist erlebbar, wenn wir lachen, singen oder auch wenn wir ruhig atmen.
Gerade in der gegenwärtigen Situation ist Gelassenheit aus vielen Gründen nicht so einfach. Es sind viele konkrete Gefahren, die uns verunsichern. Die Gefahr für unsere Gesundheit, den seelischen Druck und ein notwendiger Schutz, der unser wirtschaftliches wie auch unser Arbeitsleben zum Erliegen gebracht hat. Den Folgen kann niemand entgehen.
Es gibt genügend nicht-paradiesische Zustände im Leben. Ich probiere es nicht, sie alle auflisten zu wollen. Was uns aber generell den Humor nimmt, hängt immer mit einer Minderung unseres Selbstwertgefühls zusammen. Wenn wir abgewertet werden, wenn wir zum Objekt degradiert werden, Ablehnung erfahren, unsere Freiheit eingeschränkt bzw. unser Recht, uns zu äußern, fühlen wir uns geschwächt und hilflos.
Wer den eigenen Freiraum schützen will und kann, versucht es gerade oft durch Einschüchterung, Drohungen, Gewalt, Beleidigung und durch alle möglichen Formen der direkten und indirekten Herabsetzung. Dazu gehört auch Formen des „Humors“, über die der Betroffene nicht lacht, nur der Angreifer. Manchmal richtet sich „Humor“ gegen sich selbst, um gerade mit einer solchen Situation umzugehen. Das ist ein „Humor aus der Not“ heraus und reflektiert oft die Bitterkeit und Wut, die jemand empfindet, der so angegriffen wird. Oder man versucht durch mokierende Witze sich zur Wehr zu setzen.
Das führt sehr schnell zu einem „Teufelskreis“ einer Reaktionskette, die ich „Aktion-Reaktion“ nenne. Wenn man mich haut, so haue ich zurück. Wenn ich nicht zurück hauen kann, ziehe ich mich zurück oder mache mich selbst klein und unscheinbar, damit ich nicht weiter angegriffen werde. Wir sehen heute, wie viele auf die Not-Situation mit Beschuldigungen, Klagen und Anklagen, Zweifel und Gegentheorien, Verweigerung, Selbstsucht und Selbstmitleid reagieren. Man will die Not nicht – verständlicherweise – und bekämpft sie mit Mitteln, die die Not noch stärker macht.Gerade schreibt mir eine frühere Kursteilnehmerin, die eine lange Leidensgeschichte erlebt hat und immer dagegen ankämpfte. „Ich habe so viele Gurus gehabt und es hat alles nichts genutzt“ sagt sie. Erst später konnte ich formulieren: Viele Gurus verderben den Brei.
Gerade mit verschiedenen Formen des „Aktion-Reaktion-Teufelskreises“ kommen Menschen zu mir und suchen im Clown- und Narrenspiel nicht nur eine Erleichterung oder eine Art Ruhepause. Eigentlich suchen sie einen anderen Zugang zu sich und einen anderen Umgang mit sich und anderen.
Ein erster Schritt in diesem Prozess besteht darin, die unterschiedliche Qualität dieser „Kreise“ zu erkennen. Was braucht es, in meine Mitte zu kommen? Denn nur aus dieser „Mitte“ habe ich die Möglichkeit, den „roten“ Bereich unseres Umgangs überhaupt zu erkennen. Denn wenn ich zurück haue, nehme ich wohl oder übel genau so am Aktion-Reaktions-Spiel teil.
Sich daraus zu lösen und Kontakt zum eigenen Selbstwert herzustellen, steht im Mittelpunkt dieses Prozesses. Aus meiner Sicht müsste Humor zu einem zentralen persönlichen Prozess werden und das Clownspiel zu einer spielerischen Anleitung im Umgang mit sich und daher mit der Welt – mit ihren Möglichkeiten und mit ihren Widrigkeiten. Dieser Prozess bleibt das Kernstück meiner Arbeit.
In dieser seminarlosen Zeit bin ich um einen Kontakt zu TeilnehmerInnen meiner Jahresgruppen bemüht. Letztes Wochenende habe ich zum ersten Mal zwei Treffen für meine erste Jahresgruppe im Internet organisiert. Dabei musste ich einmal erleben, wie unsere Kommunikation vom Medium abhängig ist und auch wie sehr der zentrale Kern meiner Arbeit mit Humor mit dem Wunsch von TeilnehmerInnen zusammenhängt, in ihren Grundqualitäten erkannt zu werden.Ich versuchte es erst einmal nicht über „zoom“, nach alledem was darüber in Bezug auf Sicherheitslücken geschrieben wurde. Ich benutzte zunächst „jitsi“ – ein Freeware-Produkt, das von freien Programmieren entwickelt und von meinem IT-Administrator Herrn Felkel empfohlen wurde. Wir konnten zwar miteinander kommunizieren, aber sobald ich 8 oder gar am Sonntag mit 11 TeilnehmerInnen eine Konferenzschaltung durchführen wollte, zeigte es sich als sehr begrenzt. Dazu noch, wenn sonst das Netz übervoll ist. Inzwischen habe sowohl jistsi als auch zoom verlautbaren lassen, sie haben die Probleme gelöst (oder sind dabei, sie zu lösen) mit noch mehr Netzumfang bzw. mit einem Server in Deutschland.
Sonntagabend hatte ich eine Supervision für drei Mitglieder der zweiten Jahresgruppe anberaumt. Erst probierte ich mit jitsi und dann doch – mit etwas Widerwillen – mit der Testversion von zoom und siehe da, es funktionierte einwandfrei, auch über die 40 Minuten hinaus, die für diese Version eigentlich gilt. Und ich musste zugeben: Um miteinander sinnvoll zu kommunizieren, brauchen wir ein stabiles Medium.
Nun ist Kommunikation auch ohne die Auswirkungen eines Virus sowieso eine Kunst. Wie viele Seminare gibt es wohl zu diesem Thema? Und an Viren im Internet fehlt es auch nicht. Dagegen wird zurecht für den Umgang im Internet gewarnt. Und es gibt nicht wenige, die auch neugierig sind, wer wir sind, was wir tun, was wir mögen und wofür wir uns interessieren. Sie haben nicht unbedingt unser Wohl am Herzen. Eines unserer Grundbedürfnisse ist eben die Erfahrung, verstanden zu werden, ohne sich verbiegen zu müssen und ohne ständig Gefahr zu laufen, durch Preisgabe ausgenutzt zu werden. Wenn dies aber nicht gesichert ist, hört definitiv der Spaß auf.
Und wenn das Medium, über welches wir uns austauschen, gestört oder eingeschränkt ist, macht es noch schwieriger, uns zu äußern und den anderen zu verstehen. Wie ist es dann, wenn die Sprach- oder Ausdrucksfähigkeit körperlich oder emotional eingeschränkt ist?
Auf jeden Fall kam – trotz technischer Störfelder – die Rückmeldung zurück, allein die anderen mal länger oder kürzer gesehen und (teilweise) gehört zu haben, war ein Gewinn. Ich hatte dann die Idee eines laufenden „Tagebuchs“ per email, über die alle – wenn sie möchten – etwas von dem mitteilen, was sie tagtäglich beschäftigt, gerade in der gegenwärtigen Situation, aber auch als TeilnehmerInnen der Jahresgruppe. Das haben alle sehr gerne angenommen. Da alle inzwischen wissen, wie email funktioniert, bleibt dies die einfachste Methode. Whatsapp, instagramm, facebook etc. werden nicht von allen benutzt bzw. geschätzt.
Sobald das Medium stimmt – wie bei der Supervision – konnte ich anfangen, damit zu experimentieren. Ich fand heraus, nicht nur war es mir möglich, die persönliche Beratung in Bezug auf das Weiterkommen im Kurs, auf Ihr Spiel auf der Bühne und im Leben anzubieten. Ich konnte gar mit den Einzelnen Regieführung, Spielideen und Komik, wie auf der Bühne praktisch mit ihnen herausarbeiten. Ich fing gar Feuer und sehe jetzt viele Möglichkeiten im Internet, ein Teil meines Kursangebots in dieser Form anzubieten.
Ich fand auch heraus, dass ein wesentlicher Teil dessen, was mich und was meine TeilnehmerInnen interessiert, das Erzählen aus dem eigenen Leben ist. Es befreit uns, uns zu zeigen, wenn wir uns gesehen und wertgeschätzt fühlen und wenn wir dafür den sicheren Raum bekommen. Das schafft den Freiraum, einander näher zu kommen und miteinander lachen zu können. Es machte mir einen Kern meiner Aufgabe noch stärker bewusst.
Es gibt genügend Gründe im Alltag zu verzagen und "an der Menschheit" zu verzweifeln. Und das nicht erst seit heute - auch nicht erst „seit dem Virus“. Menschen mussten immer wieder nach Quellen der Kraft und der Inspiration suchen, um handlungsfähig zu bleibenWer Vertrauen fasst und zu sich selbst findet, wer Werte, Grenzen und Spielräume neu bewerten kann, der vermag es, vieles im Leben zu umarmen. Es muss nicht die körperliche Umarmung sein, die ohnehin im Augenblick nicht in der Form geht. Mit Umarmen meine ich das Leben genießen, Hindernisse als Herausforderungen anzunehmen und daraus zu lernen. In uns und in der Gemeinschaft gibt es ebenso viele Quellen der Inspiration wie Gründe zur Resignation. Welche?
Ich nenne unsere Hauptressource: Umarmen. Das ist der praktische Ausdruck unserer Lebendigkeit, unserer Lebensfreude. Das ist das, was eigentlich einen Clown ausmacht. Das ist der Stoff, aus dem Komik und Humor gedeihen. Mit Umarmen meine ich nich praktizieren - Ich meine das wahrnehmen , annehmen und wertschätzen, was uns spielerisch macht, was uns der Welt und anderen öffnet, was uns und andere erfreut, was unser Mitgefühl und unser Interesse anregt und ermutigt.
Mit Umarmen schließe ich die Fähigkeit ein, Hindernisse als Quellen der Lösung und als ein Schlüssel zur Freude des Spiels zu erkennen. Wir neigen alle dazu, Unangenehmes herunterzuspielen, zu ignorieren, beschönigen, verlachen oder schlicht leugnen. Manche greifen gar diejenigen an, die auf Gefahren und Vorsichtsmaßnahmen hinweisen. Das ist nichts Neues. Dies ist nur eine andere Form des Widerstandes gegenüber Realitäten, die uns Angst machen.
Auch wenn wir uns sehr ungern hilflos fühlen, ist dies ein Aspekt unserer Lage als Menschen – der „condition humaine“ - der wir nicht aus dem Weg gehen können. Dies bedeutet nicht, Nichts tun zu können, nicht lachen zu dürfen. Im Gegenteil: Umarmen heißt, das Leben, wie es ist, anzunehmen und daraus zu lernen. Es ist in Ordnung, über Verluste zu trauern, Angst zu empfinden, sich Sorgen zu machen, zu weinen, wütend zu sein.
Gefühle zuzulassen, gerade die sogenannten unangenehmen Emotionen, ist die Voraussetzung dafür, neue Lebenskraft zu schöpfen. Die Pause für sich zu nützen, Zeit zum (sicheren) Durchatmen und Kontakte pflegen – zu sich und zu anderen – stärkt unsere größten Fähigkeiten: Unsere Menschlichkeit, unseren Lebenswillen und unseren Humor.
Gerade bekomme ich eine email mit einem praktischen Vorschlag zur neuen Schutzkleidung mit austauschbaren Gefühlsregungen. Dies könnte allein eine Anregung für Clowns sein, aber vielleicht ist dies auch so vonnöten. Warum in dieser Zeit Deine Gefühlsregungen maskieren? Ist die Maske eine neue Form "notwendiger" Zurückhaltung.Ich lerne gerade auch nach und nach, mit den sozialen Medien umzugehen. Gerade ist es nicht leicht, an webcams und MagicBoxes heranzukommen. Jeder will streamen und im Internet "zoomen" (auch wenn hier wohl Vorsicht geboten ist). Ich auch! Kommende Woche hoffe ich zu lernen, wie direkt in die Kamera schauen, damit Du den Eindruck hast: Ich spreche zu Dir. Die Augen sind das direkte Mittel, in persönlichen Kontakt zu kommen. Der Mund und die Augen tragen den gefühlsbetonten Ausdruck. Das brauchen wir alle. Und es ist gerade das, was uns im Augenblick gefährden kann.
Du kennst bestimmt Robin Williams? Bekannt durch Filme wie "Good morning, Vietnam" und "Der Club der toten Dichter". Er spielte auch den Clownarzt Patch Adams, der auch seit den 90er Jahren immer wieder in Deutschland zu Besuch war und die heutigen Clowndoktoren und KlinikClowns mit inspirierte. (Ich habe ihn auch als Übersetzer bei einer Tournée begleitet.) Kannst Du Dir vorstellen, er würde sich den Mund verbieten?
Ich habe heute früh bei youtube verschiedene Auftritte von ihm angeschaut. Sie sind ein Feuerwerk von Inspiration, Assoziation, Imitation und Spiellust. Er stellt sich ganz auf seine ZuschauerInnen ein. Von Zurückhaltung keine Spur. Wie er heute auf Distanzregelungen reagieren würde? Er hatte gar sein Leben beendet, um nicht erleben zu müssen, wie sein unbändiger Ausdruck durch seine Krankheit langsam versiegte. So sehr war Ausdruck und Spielraum Kern seiner Lebendigkeit. Er hätte bestimmt Wege gefunden, um sich im Internet Luft zu machen! Hier eine Szenenzusammenstellung, um einen Eindruck davon zu bekommen.
Also finde doch neue Wege, in Kontakt zu bleiben, Dein Herz zu öffnen, Deine Gefühle zu zeigen und Dein Lächeln, Deine Spiellust und Deine Lebendigkeit zu teilen. Danke Annemarie.
Seit 1983 begleite ich viele Menschen, die in unterschiedlicher Weise den Clown und den Narren als entscheidende Anregung und praktische Hilfe zu neuen Lebenswegen genutzt haben. Komik entsteht gerade durch die Erschaffung einer Notlage, sogar ausgerechnet durch die Verstärkung einer Notlage und nicht durch die vorzeitige Auflösung oder Harmonisierung. Humor ist die Qualität, mit menschlicher Not so umzugehen, dass wir die emotionale Würde beibehalten, selbst wenn wir noch keine Antwort darauf haben, bis uns der Kopf schwirrt.
Gerne denke ich dabei an eine Teilnehmerin, die im Laufe der letzten 10 Jahre viele "Narrensprünge" getan hat. Den Anfang nahm dies durch eine erste Bühnenerfahrung. Dabei nahm sie sich einen Schemel, setzte sich darauf und wusste nichts anderes zu tun, als auf dem Schemel zu sitzen und zu warten.Sie trug eine alte Hose mit Hosenträgern, ein kariertes Hemd und hielt eine Handtasche vor sich, als ob sie sich an ihr festhielte. Sie atmete ab und zu schwer durch. Sie schien wirklich nicht zu wissen, wie es weitergehen sollte. Sie schien auf eine Anweisung vom Schicksal zu warten - oder vielleicht einfach von mir, damit es weiterginge. Nach einer ganzen Weile fragte ich sie dann doch als Regisseur, wie es ihr ging. Da sagte sie auf schwäbisch: "So hab`i mei` Läbe`it vorgstellt!" Alle Teilnehmer mussten lachen.
Das war zunächst nicht komisch gemeint. Oft ist es so, dass das Komische erst von außen für andere sichtbar ist. Das Tragikomische ihrer Lage, die sich in dieser Szene spontan zeigte, war nicht nur ein Bild der Situation auf der Bühne, in die sie sich manövriert hatte. Sie war ein genaues Bild einer Lebenssituation, die bis dahin ihr Leben ausmachte.
Dieser unerwartete Erfolg als unbeabsichtigte Clownin diente ihr aber als Ansporn, sich als Clownin weiter auszuprobieren. Ganz überracht war sie, als sie entdeckte, wie viel Lebensfreude und Lust auf Unsinn sie hatte. Sie stellte fest, dass diese Art des Spiels eine besondere Kraft in ihr freimachte, eine ihr eigene Komik, die erst dann geschah, als sie bereit war, sich ausgerechnet auf das einzulassen, was sie partout nicht trotz gutem Verstand nicht kapierte.
Einige Jahre später marschierte sie mit großem Elan in der Aufmachung von damals mit dem Zusatz einer roten Pudelmütze auf der Bühne hin und her, stellte sich dann hin und verkündete (erst auf die Beine, dann auf die Brust und dann auf den Kopf zeigend) mit großer Lebenslust und aus vollem Herzen: "Do isch nix! Do isch nix! Un do is no nie ebbes gewäh!" Auch hier erlebte sie große, lachende Zustimmung.
Komik entsteht so oft erst dann, wenn unsere alltägliche, selbstverständliche Sicht der Dinge nicht mehr ausreicht. Humor ist die grundlegende Qualität, gerade damit so umzugehen, dass wir gerade in der Niederlage unsere gesunde Heiterkeit wieder finden.
Das Corona-Virus ist nicht witzig. Auch wenn es wohl noch einige gibt, die es nicht ernst nehmen, die extremen Gegenmaßnahmen in Frage stellen oder gar die Existenz einer Pandemie leugnen. Dennoch stellt es unseren Alltag und unsere Sicht der Welt so umfassend auf den Kopf, dass wir die einmalige Gelegenheit haben, ebenfalls unsere Grundannahmen in Frage zu stellen. Das ist für mich die Grundlage eines lösenden, heilsamen Humors.
Sonst nur in einem Krieg erkennen Menschen, was sie eigentlich miteinander verbindet. Andererseits werden Trennlinien in ihrer Auswirkung noch deutlicher sichtbar. Mitten in anscheinend friedlichen Zeiten wirkt die Ausbreitung des Corona-Virus wie ein Kriegsgeschehen.Tatsächlich sprechen manche von einem „Krieg“ gegen das Virus, den es „zu gewinnen gilt. Manche beschweren sich darüber, dass die Regierung für sie entscheidet und sehen ihre Freiheit in Gefahr. Manche sind „anderer Meinung“, was oft nichts anderes bedeutet, als dass sie meinen, es besser zu wissen. Die meisten haben keine andere Wahl als die Auswirkungen hinzunehmen, ob es heißt: Zu Hause zu bleiben und mit den Auswirkungen dessen zurecht zu kommen oder ob es heißt: Trotzdem weiter arbeiten, wenn sie im Krankenhaus, im Lieferdienst oder in anderen lebenswichtigen Bereichen arbeiten.
Ich gehöre zu denen, die in keinem offensichtlich lebenswichtigen Bereich arbeite, obwohl ich verständlicherweise der Meinung bin, dass Humor ein absolut lebenswichtiger Bereich ist. Ich nehme durch die Unterbrechung die Gelegenheit wahr, das weiterhin zu tun, was die Grundlage meiner Arbeit ist: Zu beobachten, wovon ich ein Teil bin und woran ich Anteil nehme: Ich bin doch – so weit ich das sehe – ein Teil der Menschheit. Humor ist auch die Fähigkeit, die alltägliche, selbstverständliche Sicht der Dinge zu unterbrechen. In der Unterbrechung entsteht eine andere Sicht der Dinge, da wir sozusagen nicht mehr „mitten drin“ sind.
Meine Arbeit besteht darin, Menschen auf diese andere Sicht hinzuweisen, indem ich sie dazu bringe, die bisherigen und noch andauernden Lebenshaltungen so verstärkt und überzeugt zu verkörpern, als wären sie „die letzte Wahrheit“. Wenn wir diese Verkörperungen auf der Bühne sehen, erkennen wir meistens welche wieder, die wir selbst in unserem Alltag verkörpern. Sie sind für uns „Realität“. Wir bekommen den Freiraum, darüber zu lachen. Wir sind erheitert und dadurch mit einer inneren Realität verbunden, die „noch realer“ ist, wie ich das sehe. Deshalb erscheint eine gelungene Komik doch so simpel, bis wir es selbst versuchen.
Gerade die Bühne gibt Menschen die Möglichkeit, zu einer anderen „gelösten“ Sicht der Dinge zu erlangen, die in uns ein befreites Lachen erzeugen kann. Sie stellt in Frage, was wirklich ernst ist und wovon wir uns lösen könnten, wenn wir dazu bereit wären und es auch wollten.
Aber auch so stellt uns die Unterbrechung die Frage: Wie gehe ich sinnvoll mit meiner Zeit um? Werde ich nicht von „Langeweile“ überfallen und vielleicht „verrückt“ werden. Die größte „Gefahr“ ist eher, dass aus der gefürchteten „langen Weile“ frische Ideen ersprießen und dass aus der „Verrückt-heit“ wir sicher, gelöst und heiter zu unserem gesunden Selbst finden. Der bewusst wahrgenommene Moment erweckt unser spielerisches Wesen zum Leben.
Brauchten wir erst ein weltumspannendes Virus, uns das beizubringen?
Heute abend fängt das jüdische Passahfest an. Dies ist das Fest, das der Jude Jeschua ben Josef, der zum Jesus Christus wurde, mit seinen Jüngern feierte. Dies wurde im Christentum zum Abendmahl. In diesem Jahr laufen beide inzwischen sonst oft durch unterschiedliche Zeitrechnungen zeitlich und durch unterschiedliche Anlässe inhaltlich voneinander getrennte Feste wieder einmal parallel (Abend des 8. bis zum Abend des 16. April 2020).
Ich verstehe mich weiterhin als Jude, auch wenn ich von meiner Familie getrennt lebe. Die meisten Festlichkeiten im Judentum findet sowohl in der Familie als auch in der Gemeinde statt. So werden am Anfang des Festes ein oder zwei „Seder-Abende“ gefeiert. „Seder“ heißt im Hebräischen „Ordnung“. Der Abend verläuft nach einer bestimmten Ordnung ab und feiert einen Grundstein der jüdischen Erfahrung und des jüdischen Selbstverständnisses. Es feiert den Auszug aus der Versklavung in Ägypten. Wann dies genau war, ist umstritten. Die Diskussion geht von 1490 vor Chr. bis zum 1370 vor Chr. Obwohl im Judentum alles als geschichtlich angesehen wird, ist die Geschichte Teil eines Entstehungsmythos, der nicht zeitlich zu fixieren ist, aber grundlegend für das Selbstverständnis der Herkunft.Mein eigenes Selbstverständnis als Jude wird einmal durch meine Kindheit und Jugendzeit in meiner jüdischen Familie und Gemeinde geprägt sowie durch alles, was ich im Judentum praktizierte, was man mich lehrte, was ich darüber las und über die geschichtliche Erfahrung des Judentums, besonders in der christlichen Welt, die fast mit dem sogenannten Holocaust, sprich mit dem Versuch Nazideutschlands die Juden gänzlich zu vernichten. Das Judentum ist als ein Verständnis als Volk, das auf eine bestimmte Weise seine Religion praktiziert. Es verbindet unzertrennbar Nation mit Religion. Das hat zu einer etwa 3000-jährige Geschichte von den Ursprüngen als Nomaden zu einem Verständnis als Volk, zu einer Gründung als Religion, dann als Nation an einem Ort, zu einer Spaltung des Landes und Verteilung über die Welt, zu einer Reihe von Verfolgungen bis hin zu der „Neu-Gründung“ Israels im Jahr 1948. Ich bin 1949 in England geboren worden. Bei all diesen Einflüssen und bei all den Unterschieden im Selbstverständis unter Juden selbst, bei ihren Versuchen, sich in die christliche bzw. islamische Welt zu integrieren und gleichzeitig getrennt und erkennbar, entsteht fast naturgemäß eine Reihe von Widersprüchen und Differenzen auch untereinander. Auch ist nicht jeder Jude religiös. Auch wenn ich heute von vielen Juden sicherlich nicht als religiös angesehen wäre und ich durch die Lebensentscheidungen, die ich getroffen habe, in keiner Gemeinde integriert bin, wirkt sowohl Religion als auch Nation weiterhin in mir und es wirken die Folgen des Versuches auch heute nach, das Judentum – Religion und Volk – vernichten zu wollen. Auch die moderne Geschichte Israels zeugt von diesen Widersprüchen und ungelösten Differenzen. Gerade die orthodoxen Juden lehnen die Existenz Israels ab, obwohl gerade sie fast am meisten davon profitieren.
Ich habe für mich versucht, meinen eigenen Weg durch diese Widersprüche zu finden, die alles beeinflussen: Ob Du heiratest, ob Du Kinder bekommst oder nicht, wie Du lebst, ob du Jude bleibst, ob es eine Wahl gibt, wie Du mit der Möglichkeit der Vernichtung umgehst (geschah nicht nur einmal in der jüdischen Geschichte, sondern ist unzertrennlicher Teil davon, besonders unter dem Christentum), ob Du Dich äußern darfst, ob es ratsam ist, Dich zum Judentum zu bekennen. Jeder Jude hat sich mit diesen Fragen mehr oder weniger befassen müssen, um für sich jeweils eine Lösung zu finden.Ich habe schon von den „Narrensprüngen“ berichtet, mit denen ich versucht habe, mit dieser persönlichen Situation umzugehen, die ich mehr oder weniger mit Millionen anderer Juden teile. Meine Auseinandersetzung mit dem Judentum und mit dem Christentum betrifft aber nicht allein mich als Juden, sondern eine ähnliche Auseinandersetzung müsste eigentlich alle Christen betreffen, die sich für das Wohl ihres eigenen Selbstverständnisses nicht vom Umgang mit dem Judentums trennen können, ob sie es wollen oder nicht, ob sie es wahrhaben wollen oder nicht. Und beide können nicht umhin, als sich mit dem Islam in ähnliche Weise auseinanderzusetzen.
Ich habe schon beschrieben, wie meine „Narrensprünge“ für mein Bestehen und für mein Humor entscheidend waren. Das Bestehen meines Humors war mit meinem eigenen Weiterbestehen als freier Mensch, der sich wertschätzt und einen würdigen Platz in dieser Welt einnimmt.
Ich bin darauf gekommen, wie wichtig es für den Humor ist, sich zu lösen, Spielraum und Freiraum zu finden. Da Humor sehr verschieden ist, wenn wir davon ausgehen, worüber Menschen lachen, wollte ich für mich herausfinden, ob es etwas gibt, was Humor eigentlich ausmacht, unabhängig davon, wo jemand her ist, unabhängig von den offensichtlichen und mannigfaltigen Differenzen unter den Menschen. Ich wollte herausfinden, was uns verbindet. Denn das ist mein Interesse und das, worin ich die größte Sicherheit unter unterschiedlichen Menschen vermute. Bei meiner Herkunft könnt Ihr das vielleicht nachvollziehen.
Ich sehe also im Humor den aktiven Wunsch danach, sich zu lösen, sich aus den Konflikten zu lösen, die uns innerlich und äußerlich so quälen – weil anscheinend unlösbar. Die Erfahrung des Lachens, des Miteinander-Lachens verbindet uns mit einer Form der „Hilflosigkeit“, die uns gut zu Gesicht steht, weil wir darin akzeptieren, dass wir nicht nur im Grunde nichts kontrollieren können, sondern dass wir gut beraten sind, unsere „Hilflosigkeit“ erst einmal zu akzeptieren, um was es auch immer geht. Erst daraus ergibt sich die beste Lösung, d.h. wie wir am besten handeln.
Wir sind dazu geneigt, die Dinge so zu sehen, wie wir sie immer sehen. Viele Konflikte entstehen aber gerade aus unserer unbeweglichen Sicht der Dinge. Wenn es uns aber nicht gelingt, eine andere Sicht der Dinge zu gewinnen, können wir nicht anders handeln, als wir immer handeln. Wenn wir aber genauso handeln wie immer, bleiben die Konflikte oder das Unvermögen bestehen. Wir müssten uns daraus lösen. Es müsste in uns etwas Anderes geben als die gelernte Prägung, die oft eine „Lösung“ oder wenigstens ein „Umgang“ war mit einem früheren Problem. Und zwar, es müsste diese Fähigkeit in uns geben, sich zu lösen. In diesem Fall wäre ein lösendes Lachen mit der Erkenntnis verbunden, dass die gelernte Prägung absolut unzulänglich sei, wenn nicht völlig entgegengesetzt von dem, was wir eigentlich brauchten. Wir müssten darüber lachen, dass wir uns trotzdem immer noch daran halten, obwohl diese Prägung nichts nützt. Wir müssten darüber sowohl lachen als auch darüber verzweifeln, dass wir immer noch an Lösungen festhalten, die sich in dieser Situation schon längst als unzureichend, gar widersinnig erwiesen haben.
Wir sind aber auch geneigt, uns darüber zu mokieren, dass man anders handeln könnte als sonst. Sonst wären wir nicht die, die wir sind. Wir handeln ja so, gerade weil wir so sind. Wenn wir anders handeln würden, wären wir irgendwie nicht richtig. Wir würden uns „verraten“. Also müssen wir so handeln, wir wir immer gehandelt haben. Sonst wären wir „blöd“. Wer anders spricht, ist „selbst blöd“, redet „Schwachsinn“.Was hat das alles also mit dem Passahfest zu tun? Was hat all dies mit den Konflikten zu tun, die ich oben angesprochen habe. Was hat dies alles mit meinem Verständnis vom Judentum, von diesem Fest, ja von Humor zu tun? Ist das nicht alles sehr abgehoben?
Ich gehe gerne auf meine Ursprünge des Verstehens zurück, ob man dies unsere Entstehungsgeschichte oder unseren Entstehungsmythos nennt, um auf ein grundsätzliches Verstehen zu kommen, das mich auch heute handeln lässt. Mir ist es wichtig, aus einer Tradition zu lernen und in einer Tradition zu handeln, besonders wenn diese Tradition das Trennen aus der bekannten Prägung, sogar auf einem Bruch mit der Tradition besteht. Warum? Um einen Weg zu zeigen, den man immer als Mensch wieder finden muss, um das zu bleiben, was man ist und hofft zu bleiben: Ein Mensch.