Humor haben wir alle – es fragt sich nur, was für einen? Gerade in einem Bericht über den Rücktritt von Boris Johnson als Premier Minister GB im Fernsehen hörte sich das vernichtende Urteil dabei gleichzeitig fast wie eine Anerkennung seiner Fähigkeit an, Humor und Unterhaltung in die Politik hineinzubringen.
So zweideutig wirkt er noch immer. Zu seinen Fähigkeiten zählen: Die Neigung dazu, zu tun als würde er das eine denken, obwohl er dies nicht tut; Als wäre er vergesslich, obwohl er ganz genau Bescheid weiß; Als würde ihm wirklich etwas leid tun, obwohl er nur „sorry“ sagt; Als wäre ihm die Macht egal und ihm Menschen sehr wichtig, obwohl…. Das finden viele witzig und gleichzeitig gekonnt.
Er blieb bis zu seiner „Abdankung“ unterhaltsam und übernahm weiterhin keine Verantwortung, weder für das, was er im Amt tat noch behauptete – jedenfalls nicht wirklich. Gar hat er noch eine Art „Dolchstoßlegende“ zum Schluss verbreitet. Unterhaltung dient hier als Nebelkerze bzw. als Finte. Er vermag es, sich ganz öffentlich zu verstecken. „Bewundernswert“ meinen nicht wenige.
Seine Fans wird er noch behalten, Bücher schreiben (1 Million Pfund wird noch kolportiert) und im Fernsehen auftreten, obwohl er meiner Meinung nach nur Unheil angerichtet hat. Damit sind wohl offensichtlich viele einverstanden, wenn nicht immer mit den Folgen. Viele werden bedauern, dass er nun gehen muss. Ich nicht.
Für mich repräsentiert er die antiautoritäre, und zur gleichen Zeit selbstgefällige und herrische Haltung der Oberschicht in England: Unterhaltsam schaffen sie ihre eigenen Regeln. Da hört bei mir der Spaß auf. Nicht nur deshalb, aber auch darum, bin ich nach Deutschland gekommen: Um meinen Humor zu finden! (Wie bitte?) Und tatsächlich habe ich hier sowohl den Freiraum als auch die Chancen gefunden, die ich dafür brauchte (auch wenn viele sich wundern und lachen, wenn sie das hören).
Gerade das Beispiel Boris Johnson macht es mir deutlich, welche unterschiedliche Auswirkungen und Intentionen Humor bedienen kann. Humor hat immer die Wirkung, Freiräume zu schaffen, nur welche, für wen und zu welchem Zweck ist nirgends festgelegt.
Was meiner Meinung nach bei Boris fehlt, ist eine ehrliche Beziehung zu sich, unabhängig davon, wie andere ihn finden. Er hat ein sicheres Gespür für die Macht und braucht gerade von diesem Publikum den Applaus. Dann ist ihm egal, was andere von ihm halten. Das gibt ihm seinen den von ihm erstrebten Freiraum. Er findet sich völlig in Ordnung so.
Die humorvollen Freiräume, die ich schaffen will, basieren hoffentlich auf gegenseitigem Respekt und auf einer Offenheit, in der sich jede und jeder frei ist, die Beziehung zu sich aufzunehmen und als befreiendes Element zu erleben. Sie sollen auch einen ehrlichen Blick auf sich ermöglichen, sowohl was die eigene Kreativität betrifft, als auch auf die eigenen „Eseleien“.
Die bewusste Beziehung zur Sprache des eigenen Körpers, zum emotionalen Selbst, zum Verstand, zu den eigenen Motiven und schließlich zum eigenen Leben hilft, Muster und Einstellungen zu erkennen, die uns von uns und von anderen trennen. Wenn wir gerade durch das Clownspiel und aus der närrischen Haltung einer „Null“ heraus mit ihnen umgehen lernen, schaffen wir eher einen Humor, der löst, befreit und unsere Zuversicht und Selbstvertrauen auf eine ganz andere Basis stellt, uns menschlich verbindet und einen guten Weg zeigt.
Die Welt als Witz – ein Psychogramm des Boris Johnson
Die besondere menschliche Qualität, die wir Humor nennen, ist leichtfüßig daher und dennoch komplex. Viel wesentlichlicher als die Mechanik der Komik, ist der Kontext, in dem sie entsteht. Zentrale Voraussetzung dafür ist das, was ich Freiraum oder Spielraum nenne.
Wenn ich einfach beobachte und darüber sinniere, in welchen Zusammenhängen Menschen lachen, komme ich immer wieder darauf, dass die Voraussetzung dafür eine Art "Wohlfühlraum" ist. Am sichtbarsten ist dies, wenn wir Menschen beobachten, die einfach zusammensitzen. Sobald sie Kontakt aufgenommen haben und feststellen, das sie sich miteinander warm werden, fangen sie an, miteinander zu lachen. Es macht nichts, wenn die Begegnung bei einem ersten Blickkontakt und einer anscheinend belanglosen Bemerkung bleibt. Viel deutlicher ist dies, wenn man erlebt, wie offensichtliche Freunde miteinander umgehen. Es vergeht kaum Zeit und schon lachen sie miteinander. Sie müssen dafür kein Training und keine Seminare belegt haben. Es scheint "von alleine" zu geschehen.
Gerade dadurch zeigt sich hier ein wesentlicher Faktor für den Humor: Den wohlwollenden Zusammenhalt, der einen selbst bestätigenden "Wohlfühlraum" entstehen lässt. Keine/r der Personen muss die eigene Anwesenheit erklären oder rechtfertigen. Das hat sich schon im Vorfeld geklärt. Man hat auch Zeit genommen, miteinander zu sein. Es ist niemand in Eile. Falls doch wird auch dies wohlwollend entgegengenommen "Schade, dass Du so früh gehen musst" - ein anderes Mal dann. Bis bald". Gerade die Selbstverständlichkeit und Normalität eines solchen Ablaufs verrät den Freiraum als grundsätzlicher Faktor für die Qualität "Humor". Selbst wenn es Unterschiede zwischen den anwesenden Menschen gibt, werden sie als Teil einer unterhaltsamen Spannung akzeptiert, die diesen Freundeskreis für alle interessant macht und auch Einzelne als Teil des Ganzen erleben, ob sie besonders aktiv oder gar eher teilnehmende Beobachter sind. Niemand stört und alles tragen mit ihrer Anwesenheit zum Gruppenvergnügen bei. Ernst wenn die Bedienung kommt, kommt ein gewisser Ernst auf, denn man will doch das bekommen, was man bestellt. Doch tut das der allgemeinen Fröhlichkeit keinen Abbruch. Man versucht sogar die Bedienung in die allgemeine Heiterkeit hineinzuziehen. Zu den Fertigkeiten einer guten Bedienung gehört die Fähigkeiten, in die Stimmung einzustimmen und dennoch alle Bestellungen korrekt aufzunehmen. Das zeigt sich spätestens beim Bringen der bestellten Speisen und Getränke. Stimmt alles, stärkt es die vorhandene Stimmung. Stimmt etwas nicht, kann dies bis zum einen gewissen Grad mitgetragen werden und schnell korrigiert. Gar ein Mißgeschick kann mit in die ausgelassene Stimmung aufgenommen werden. Diese Stimmung stellt einen Freiraum her, in dem die TeilnehmerInnen vieles einfach "witzig" finden und als Anlass zur Fröhlichkeit. Dazu gehört die gegenseitige Bestätigung, die eine solche Gruppe schon mitbringt, die ich "Angleichen" nenne.
Genauso sehe ich die Entstehung von einem humorvollen Freiraum als Einelne/r. Um etwas als witzig zu erkennen, brauchen wir eine ähnliche Übereinstimmung in uns wie in dieser oben beschriebenen Gruppe. Darin ist die Fähigkeit enthalten, entweder die Faktoren für das eigene Wohlgefühl praktisch herzustellen oder ein Wohlgefühl im Äußeren oder im Inneren von uns aus zu erkennen. Je feiner diese Fähigkeit im einzelnen Menschen entwickelt ist, um so besser kann er oder sie auch mit Unstimmigkeiten umgehen. Das Grundgefühl in Ordnung zu sein, regelt hier die Grundstimmung. Dies kann durch die gelernte Erfahrung in der Herkunftsfamilie sein oder durch eine bewusste Praxis entstehen und gepflegt werden. Gür manche Menschen ist dies so selbstverständlich, dass sie keine Zeit verschwenden, darüber nachzudenken. Wer das Gegenteil erlebt hat, verbringt oft mehr Zeit damit, heraus zu finden, was einen wirklich freut und wie tief diese Freude verankert sein muss, um sich wirklich wohl zu fühlen.
Gerade der Umgang mit dem Unwohlsein, sehe ich als entscheidend für die Entwicklung dessen, was ich "lösenden Humor" nenne. Wenn ich mich erst dann wohlfühle, wenn ich immer das bekomme, was ich will oder alles so ist, wie ich es gerne haben möchte, ist mein Wohlsein von äußeren Rahmenbedingungen abhängig. Das kann das Wetter sein, das kann die Gesundheit sein, das kann das Bankkonto sein. Natürlich sind solche "Äußerlichkeiten" enorm wichtig für das Wohlsein. Enorm wichtig ist aber auch dann, für die richtige Kleidung zu sorgen, für Beziehungen und Kontakte und auch für die Hilfe zu sorgen, um Lösungen zu finden. Das Unwohlsein kann diese rettenden Fähigkeiten mindern, uns deprimieren, müde, hoffnungslos und passiv werden lassen. Schon die Erfahrung, von anderen Menschen in einer solchen Situation wohlwollend in ihre Reihen aufgenommen zu werden, kann die Lebensgeister wieder heben, wenn dies ohne Bevormündung geschieht.
Wohlfühlen, sich frei fühlen und Spielraum entdecken, gehören zusammen. Sie helfen, sich selbst näher zu fühlen und eine gegenwärtige Situation aus einem gewissen Abstand zu sehen. Ich sehe den Innenraum eines Menschen oft in diesem Zusammenhang als eine Art Waage: Wenn wir ausreichend Bestätigung als Menschen bekommen habe, so dass diese Botschaft in uns gut veränkert ist, können wir einiges an Widrigkeiten durchstehen und nehmen an, dass wir auch in schwierigen Situationen etwas unternehmen können. Dann wiegt diese Seite das Andere auf und wir sind in der Lage damit umzugehen. Dann können wir Krisen als "Herausforderung" ansehen. Wenn das Gewicht auf Erlebnissen von Defiziten und Entbehrungen beruht, können andere Menschen uns erheitern wollen, so sehr sie möchten: Wir werden sogar dafür sorgen, dass alle Wohltaten oder freudige Ereignisse letzten Endes verpuffen.
Die Erfahrung und die Pflege eines freien Spielraums ist für einen gelösten Humor essentiell. Es lohnt sich, dafür einzusetzen.
Ende Dezember hat sich Judith Kubitschek vom evangelischen Pressedient (epd) kontaktiert und mich um ein Interview gebeten, das ich gerne gab. Hier der Wortlaut, gerade in der neuesten Ausgabe veröffentlicht:
Freudenstadt (epd). Nach Ansicht von Clown David Gilmore aus Loßburg (Landkreis Freudenstadt) ist jeder Mensch von Natur aus „lebensfroh“, weil er ja lebt. Zwar gebe es zu Beginn eines jeden Jahres Gründe, den Humor zu verlieren, sagte Gilmore im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Doch eines ist tröstlich: Wenn einem das Lachen vergehen kann, dann muss es zuvor dagewesen sein.“ Wichtig sei, sich nicht auf das Negative zu fokussieren, sondern zu schauen, wo es Spielräume gebe, „damit wir uns lebendig fühlen und die Freude nicht verloren geht.“ Eine gute Beziehung zu sich selbst zu haben, findet Clown Gilmore wichtiger, als Vorsätze für das neue Jahr zu fassen. Denn wer mit sich selbst zufrieden sei, habe auch bessere Voraussetzungen für gute Beziehungen zu anderen. „Wenn man sich wie ein Clown selbst umarmt, kann man auch andere umarmen und sein Lachen und Lächeln an andere weitergeben.“
Für Gilmore, der eine Humor-und Lebensschule anbietet, passen Clownsein und Glaube gut zusammen. In beidem gehe es um Grundvertrauen. Jüdischer
Glaube sei letzten Endes das tiefe Vertrauen, dass man einen Halt hat in Gott, egal was die Zukunft bringt, sagte Gilmore, der selbst Jude ist. Das habe
Jüdinnen und Juden durch viele Prüfungen getragen. (0004/02.01.2022)
Clown: „Wer sich selbst umarmt, kann auch andere umarmen“ Tipps für einen gelassenen Start ins neue Jahr epd-Gespräch: Judith Kubitscheck
Freudenstadt (epd). Jeder Mensch ist von Natur aus „lebensfroh“, ist Clown David Gilmore aus Loßburg (Landkreis Freudenstadt) überzeugt. Im Gespräch
mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) gibt er Tipps, wie mit mehr Lebendigkeit und Lebensfreude in das Jahr 2022 gestartet werden kann.
epd: Herr Gilmore, Sie sind Clown von Beruf und bieten eine „Humor- und Lebensschule“ an. Was hilft aus Ihrer Sicht, trotz Corona-Pandemie positiv ins
neue Jahr zu blicken?
Gilmore: Auch ohne Covid oder Omikron-Variante stellt sich diese Frage, glaube ich, jedes Jahr. Es gibt einfach so viele Gründe, weshalb man den Humor verlieren könnte. Doch eines ist tröstlich: Wenn einem das Lachen vergehen kann, dann muss es zuvor dagewesen sein. Der Clown steht für Lebensfreude, und ich gehe davon aus, dass jeder Mensch „lebensfroh“ ist - weil er ja lebt. Wir atmen. Wir müssen in gewisser Weise nichts dafür tun, dass wir leben, aber wie so viele vermeintlich selbstverständlichen Dinge geht das im Trubel des Alltags unter.
Wichtig ist, sich nicht auf das Negative zu fokussieren, sondern zu schauen, wo es Spielräume gibt, damit wir uns lebendig fühlen und die Freude nicht verloren geht. Ich spiele zum Beispiel gerne Oboe, das bringt mich zum Schwingen.
epd: Die Feiertage sind vorbei, der Alltag hat uns wieder - was können wir von einem Clown lernen, um den Alltag gut zu meistern?
Gilmore: Ein Clown lebt in der Gegenwart: Nur so entstehen Witz und Spielideen ohne zu wissen, wohin sie führen. Das Im-Jetzt-Leben ist eine wesentliche
Eigenschaft des Clowns - kann aber auch eine befreiende Lebensweise sein. Manchen hilft es außerdem, in der Hosentasche eine Rote Nase zu haben. Diese kann helfen, wenn man den Humor verliert, da der Mensch vor mir mich gerade zur Weißglut bringt. Ich kann mich in dem Moment entscheiden: Will
ich in einen nervenaufreibenden Schlagabtausch gehen, oder halte ich inne, öffne das Fenster und überlege mir, was das Bedürfnis sein könnte, das zum
Beispiel hinter einer sturen Haltung meines Gegenübers liegt?
epd: Was halten Sie als Clown von Vorsätzen für das neue Jahr? Ist es eine gute Idee, sich beispielsweise vorzunehmen, im nächsten Jahr ein paar Kilo
abzunehmen?
Gilmore: Es kommt darauf an, ob ich mit mir selbst im Reinen bin: Wenn ich mich selbst nicht in Ordnung fühle, dann werden daran auch drei Kilo weniger nichts ändern. Es braucht eine viel bessere Beziehung zu sich selbst. Wenn ich mit mir zufrieden bin, habe ich auch bessere Voraussetzungen für gute Beziehungen zu anderen. Wenn man sich wie ein Clown selbst umarmt, kann man auch andere umarmen und sein Lachen und Lächeln an andere weitergeben.
epd: Clownsein und Glaube - passt das für Sie zusammen?
Gilmore: Ja, sogar sehr gut. Bei beidem geht es um Grundvertrauen, das auch ein Clown besitzt. Mir gefällt der Satz: „Du kannst nicht tiefer fallen als in die Hand Gottes.“ Ich bin kein Christ, sondern Jude, und in der jüdischen Erfahrung gehört zu dem Gottesbild dazu, dass Menschen immer wieder dazu gebracht werden, neues Land zu betreten. So erscheint Gott beispielsweise Abraham und sagt zu ihm in etwa: „Verlasse dein Land, ich werde dich führen“. Gott sagt nicht wohin, sondern verlangt sein Vertrauen.
Jüdischer Glaube ist letzten Endes das tiefe Vertrauen, dass man einen Halt hat in Gott, egal was die Zukunft bringt. Das hat Jüdinnen und Juden durch
viele Prüfungen getragen.
Auch als Clown, wie ich ihn verstehe, lässt man ungute Prägungen hinter sich und das, was den Alltag bestimmt, und öffnet sich für die grundlegend
wichtigen Dinge und basiert darauf sein Leben. Dann kann vieles schiefgehen und das haut einen dann doch letzten Endes nicht um. (0005/02.01.2022)
Nr. 1 | 03.01.2022 Nachrichten Vermischtes Clown: Jeder Mensch ist „lebensfroh“ epd-Gespräch: Judith Kubitscheck
Ich bin schon seit längerer Zeit am zweiten Buch dran. Nach "Der Clown in uns - Humor und die Kraft des Lachens" will ich zeigen, wie tief und warum Humor in unserer Psyche wirkt und welche Folgen seine verschiedenen Formen für unser alltägliches Leben hat. Für unser Wohlsein spielt Prägung dabei eine entscheidende Rolle.
Ich musste heute früh daran denken, was uns auffällt, wenn wir uns in einer neuen Umgebung befinden, zum Beispiel in einer fremden Stadt. Es sind zunächst einmal die Gebäude, aber auch die Straßenführung, die Straßenmarkierungen und Straßenschilder, die uns auffallen. Es ist auch die Sprache, die Kleidung und eventuell die Gerüche natürlich, aber zunächst einmal fallen insbesondere die Formen auf, die meistens anders sind als das, was wir gewohnt sind. Schon einmal wie die Ampeln in der Schweiz sehr oft oben über der Straße scheben, wenn man gewohnt ist, sie an einer Stange zu sehen oder die Übergänge in England oder in Frankreich markiert sind. Für Engländer kommen sie ziemlich "nackt" vor. Es fehlen die "Belisha beacons" (Stangen mit blinkenden gelben Lampen darauf). Die Farben der Autobahn- und Landstrassenschilder sind in den verschiedenen Ländern anders. DDR-Bürger freuten sich, als in manchen westdeutschen Städten die ihnen bekannten Männeken auf Übergänge angebracht wurden oder die Berechtigung, rechts abzubiegen, selbst bei rot, wenn die Straße frei ist. Es ist vielleicht nicht weltbewegend, aber im ersten Augenblick fallen uns solche Dinge auf. Das kann auf uns anregend und neu wirken und doch haben sie viel damit zu tun, inwieweit wir uns überall zuhause fühlen oder auch nicht. Für manche Leute wirken solche Unterschiede eher befremdlich. Nach einer Zeit sind das gerade die Details, an die man sich in dem neuen Land gewöhnt und daher kein Aufhebens mehr darum macht. Manchen freuen sich dennoch gerade, wenn sie wieder zu Hause sind und ihnen alles wieder bekannt ist. Dann erst entspannen sie sich wieder und merken, wie anstrengend es für sie ist, sich an Anderes zu gewöhnen.
Das Wohlgefühl und das Gefühl zuhause zu sein ist das, was mich in Bezug auf Humor interessiert. Es macht einen Unterschied, ob ich mich noch wohl fühlen kann, wenn alles um mich herum "fremd" oder "anders" ist. Wenn sich jemand fremd fühlt, also nicht zuhause, fällt es ihm oder ihr schwer, sich zu freuen. Sich freuen zu können ist ein wesentlicher Bestandteil von dem, was wir Humor nennen. Sich freuen zu können und sich zuhause zu fühlen ist ein wesentliches Element bei jeder Werbung. Gerade läuft eine Werbung der Bild-Zeitung, die Lieferanten, Postzusteller, Feuerwehrmänner, Polizisten (Männer wie Frauen natürlich!), indem sie behaupten, dass diese Dienstleister allesamt ihren Job "mit einem Lächeln" tun. Gerade weil sie ihre beschwerlichen Arbeiten so fröhlich tun, sieht sich Bild verpflichtet, ihre "schwere" Arbeit genauso fröhlich zu leisten - im Dienst der Öffentlichkeit nehmen wir an. Das Lächeln des letzten Darstellers im allerletzen Bild dieser Werbung hält er allerdings nicht ganz durch. Man merkt, wie das Lächeln seine Frische etwas verliert, je länger er es halten muss. Dadurch wirkt das Ganze nicht mehr ganz so glaubwürdig, was die Gesamtaussage betrifft. Schon vorher hatte ich meine Zweifel.
Wenn Menschen, die sich mögen, zusammen sind, lächeln sie und lachen sie "von alleine". Sie brauchen dazu keine Witze. Es ist eher anders herum: Weil sie sich wohlgesonnen sind und sich miteinander "wie zuhause" fühlen, fangen sie an, das Leben von der witziger Seite zu sehen. Ihr Humor ist ein Ergebnis ihrer Freude, zusammen zu sein, sich miteinander wohl zu fühlen - nicht umgekehrt. Das muss nicht gelernt sein. Das geschieht auch so. Es ist das Gefühl auf dieser Welt willkommen zu sein, nach dem ein Baby im Lächeln der Mutter sucht und meistens findet, wie es der Mutter auch immer bei der Geburt bzw. durch die Umstände der Geburt sonst geht. Sich im Grunde wohl zu fühlen, gibt die Basis dafür, in welchem Licht wir uns und die Welt sehen. Das kann sich ändern, aber die erste Prägung ist sehr entscheidend. Wir versuchen, diese Prägung immer wieder zu erleben oder wir tun es unbewusst.
Ich denke, wir dürfen nicht unterschätzen, wovon unser körperliches wie seelisches Wohl - oder Unwohlsein geprägt worden ist. Viele in Europa können sich nicht vorstellen, wie gebackene Bohnen in Tomatensoße zusammen mit einem gebratenen Ei, wahrscheinlich noch mit gebratenem Frühstückspeck oder Würstchen auf getoastetem und mit Butter bestrichenen Weißbrot schmecken kann. Doch hat sich das "englische Frühstück" sich in den meisten Hotels dort durchgesetzt und man freut sich inzwischen auf Rührei mit und ohne Speck oder auf ein gekochtes Ei frühmorgens, wenn man unterwegs ist.
Nicht nur die Liebe, sondern auch das gesamte Wohlgefühl, geht zunächst einmal durch den Magen. Was wir essen und trinken und wie wohl und zuhause wir uns fühlen, ist eine wichtigere Voraussetzung für unseren Humor, als wir auf dem ersten Blick denken würden. Genauso ist es, dort zu sein, wo wir uns am Wohlsten fühlen, ob in der Stadt, an der Küste oder in den Bergen. Geborgen sein, ist zunächst einmal ein wichtiger Bestandteil des Humors. Wohin das führen bzw. führen kann, will ich noch weiter untersuchen und besprechen. Dies sollte ein kleiner Vorgeschmack sein.
Am Ende der gerade stattgefundenen Fortbildung: „Humor ist mein Ernst“ in der Akademie Via Nova, Itzehoe wurde es manchen klar, wie der „Esel“, wie ich ihn (liebevoll) nenne, sich im Alltag zeigt. Ich lerne immer mehr über ihn und er bleibt aktueller denn je.
Beispiele bei dieser Fortbildung: Es kann sich um MitarbeiterInnen handeln, die von den sinnvollen und wertvollen Veränderungen der Abteilungsleiterin nichts halten. Sie wollen partout nicht zu den auch für sie gedachten Angeboten kommen, gerade weil es die Leitung ist, die die Angebote für so sinn- und wertvoll hält. Ein anderer Teilnehmer realisiert, dass er sich allzu gerne selbst zum „Esel“ machen lässt. Er reagiere gerne auf den Widerstand „seiner“ widersträubenden Jugendlichen emotional, anstatt die Regeln des gestatteten Freiraums den widerspenstigen Jugendlichen als Vorbild klar zu machen. Eine Teilnehmerin merkt, dass sie sehr gerne ihrer Familie den Entscheidungsraum nimmt, weil sie selbst schnell zu „Ergebnissen“ kommen will. Sie sah ein, dass dies auch ein „Esel“ sein könnte, der den anderen keinen Raum lässt und gar seinerseits einen Widerstand erzeugt.
Sinnvoller ist es, wenn wir den Raum für einen Dialog schaffen, indem wir Wege finden, zu erfragen, was „die guten Gründe“ für seinen Widerstand, sein Misstrauen oder seine Unlust sein könnten. Dann erfahren wir vielleicht, was er braucht und wozu er bereit wäre. „Esel“ sind auch nicht nur „die anderen“. Oft sind die Gründe so real und gravierend, dass wir „Esel“ wären, sie nicht sehen oder hören zu wollen. Was ist wirklich und wie wirklich ist die Wirklichkeit?
Ich freue mich also sehr über Rückmeldungen wie vom gerade verlaufenen Spielertraining, die besonders hervorheben, wie schnell ein Raum des Vertrauens, auch unter Fremden, entstehen kann. Das erlaubt Teilnehmenden wiederum, sich immer mehr zu zeigen – darunter auch mit dem eigenen „Esel“. Den Esel anzuschauen versetzt uns in die Lage versetzt, die Magie des Clownspiels zuzulassen, die u.a. darin besteht gerade keine „Rolle“ zu spielen.
Worauf es wohl ankommt: „ Offenheit, Interesse am Neuen und Unbekannten, Freude am Widerspruch, der Mut, in den eigenen Spiegel zu schauen…. Regie ohne Anweisung, inspirierendes Führen, achtsames Anleiten, Ermutigung und Unterstützung, den eigenen Weg zu finden.“ (Zitat eines Teilnehmers).
Ein möglicher Untertitel zum Bild: Ein spielerischer Esel in seiner natürlichen Umgebung.
Worauf ist Humor die Antwort? Die neuerlichen Fragen eines Journalisten: Wie bist Du Clown geworden? Was ist für Dich Humor? Wie sind Sie nach Deutschland gekommen? Sie bringen mich wieder dazu, anzuerkennen, wie persönlich diese Fragen sind.
Da habe ich schon etwa 100 Seiten vom geplanten Buch: Vorläufiger Titel - „Das Ziel ist im Weg“ geschrieben und dachte: Ich hätte das Thema: Humor sehr eingehend "behandelt" und "beschrieben". Es war mir auch klar, dass ich dies mit vielen Beispielen begleite. Die Rückmeldung des Verlags traf mich doch: Was ich bisher geschrieben hätte, sei ihm dem ersten Buch zu ähnlich. Die Rückmeldung machte mir aber deutlich, eben nicht von der unmittelbaren Erfahrung weder von mir noch von meinen TeilnehmerInnen ausgegangen zu sein. Auf der einen Seite wollte ich zeigen, dass Humor und Komik seine "Regeln und Gesetzmäßigkeiten" haben. Dafür hatte ich andererseits das Grundbedürfnis, wozu wir Humor brauchen, weggelassen. Ich wollte nicht zu "persönlich" werden und Leute mit meiner "Geschichte" langweilen oder sie mit eigenen Dramen "herunterziehen".
Zwar gibt es „Gesetze der Komik“ und „Regeln der Bühne und der Improvisation“: Sie bedeuten nichts ohne das, was ein Spieler oder eine Spielerin wahrhaftig bewegt. Gerade die "Dramen" waren es, die mein Bedürfnis nach dem Spiel und dem Spielraum besonders herausforderten und mich motivierten, einen anderen Weg zu gehen. Gerade das motivierte mich, Humor nicht nur zu meinem Weg zu machen, sondern ihn als eine grundsätzliche Fähigkeit zum Freiraum und zur Lebensfreude, die in der Struktur eines jeden Menschen wieder zu finden ist. Ich sehe ihn jetzt ein wesentlicher Bestandteil unserer seelischen Gesundheit an. Was erleben wir denn als "Drama", wenn nicht ausweglose Situationen, in denen wir uns ohnmächtig, isoliert und unfair behandelt fühlen? In solchen Situationen wird oft versucht, uns gar die Bewertung der Situation aus der Hand zu nehmen: Wir sollten uns nicht darüber aufregen, sollen uns damit abfinden, sie "mit Humor nehmen". Mein Vater sagte immer: "Bringe das Boot nicht zum Kentern!" oder "Was kann man da machen?" "Nicht viel", lautete seine Antwort. So hörte sich die Grundlage seines alltäglichen Humors an.
Schön finde ich es, wenn ich solche Rückmeldungen bekomme: "Ich denke sehr gerne an unsere Seminarerfahrungen in Köln und im TuT von letztem Jahr zurück. Um ehrlich zu sein, sehne ich mich etwas nach Deiner Arbeitsmethode. Diesen professionellen Erfahrungsschatz, den Du an uns vermittelt hast und die sensiblen Einblicke in Deinen persönlichen Werdegang, die Du uns zu Teil hast werden lassen, haben mich tief beeindruckt. Die Erkenntnisse die eigenen Esel auch als Freunde zu sehen hat mich persönlich, auch im Alltag unglaublich weiter gebracht und tut es jeden Tag aufs Neue.
Was mir wichtig erschien in unserem Kurs, war für mich auch vor allem, das Ansehen [auch] der eigenen destruktiven Gefühle. Ich hatte den Eindruck, Du selbst vermittelst da hin gehend keinen verklärten oder vertuschenden oder wertenden Blick. Ich hab mich dahin gehend sehr gut angenommen gefühlt und eine Chance gesehen, künstlerisch und schöpferisch mit meiner Energie, die eben auch mal aus Frust, Wut oder Trauer besteht, umzugehen. Auch das Beobachten der GrupenteilnehmerInnen, in Bezug auf Ihre innere Konfliktenergie, hat mir sehr gut getan.
Den eigenen kleinen Impuls zu spüren, ihm Raum zu geben und durch die Vergrößerung des Impulses ein Thema sichtbar zu machen, dass mit der eigenen Persönlichkeit zusammen hängt, ist mir innerlich seid unserem Kurs stets ein innerer Motor, der mir nie langweilig wird und mir Sicherheit schenkt auf mein eigenes Spiel zu vertrauen. Die körperliche und persönliche Erkenntnis, die ich dadurch erfahren durfte, prägt mein clowning durchgehend.
Danke dafür, dass Du mit persönlicher Feinfühligkeit und intellektueller Entschlossenheit unsere Truppe damals so respektvoll und herzlich geführt hast.
Für mich, war Deine "unterstützende Pädagogik" ausschlaggebend, mich auch weiterhin auf den Weg des Clowns zu begeben."
Es waren gerade die Weggabelungen, Meilensteine, Phasen, Impulse (und auch die Träume), die bei mir Fragen aufwarfen, auf die ich Antworten suchte. Um eine Chance zu haben, diese Fragen zu beantworten, brauchte ich den seelischen Spielraum, um meine Wünsche zu erkennen (und ebenfalls zu erkennen, was ich nicht wollte). Um mein Lachen und meine Lebensfreude wieder zu finden und als zentral anzusehen, wie ich es heute tue, brauchte ich viele solche Erfahrungen, die mich im Kleinen jeweils von meinen Dramen, aus meiner Lethargie und von depressiven Stimmungen "gelöst" haben. So freue ich mich heute darüber, oft die Antwort auf die eigenen Fragen und die eigenen Dramen geworden zu sein und immer wieder zu werden. So kann mein eigener Weg dienen, andere Menschen erfolgreich zu begleiten.
Juni 2019 hat mich Silke Karl, Leiterin und Spielerin beim Theater visàvis in Pforzheim, gebeten, für ihr neues Stück: Jorinde und Joringel Regie zu führen. Oktober 2019 war dann Première. Jetzt geht es um ein neues Projekt: "Theater im Wald". Montag fangen wir mit den Proben an.
Diesmal ist die Grundlage das Märchen "Frau Holle". Dieses Märchen habe ich 1995 mit meinem Kindertheater "Picobello" inszeniert. Wir werden noch sehen, ob meine Vorlage für diese Produktion hilfreich ist. Ich hatte damals das Stück für fünf Spielerinnen inszeniert. Silke arbeitet seit längerer Zeit mit Ute Münch, einer professionellen Klarinettistin, zusammen. Auch hier müssen wir schauen, wie wir das Stück - auf die beiden abgestimmt - inszenieren. Dazu kommt, dass das Stück für draußen konzipiert werden soll, nicht zuletzt damit es auch in Zeiten der Epidemie unter Einhaltung aller Hygienebestimmungen vor Kindern aufgeführt werden kann.
Silke und Ute haben gerade den Verein: "Kultur aus der Scheune e.V." gegründet. Als gemeinnütziger Verein ist es ihnen gelungen, für die Entwicklung und Aufführung dieses Stücks in Schulen von der Baden-Württemberger Stiftung in Stuttgart gefördert zu werden. Ich war dabei, als sie die Bestätigung dafür bekamen. Sie waren beide zurecht sehr aufgeregt, froh und sehr erleichtert. Die kommenden drei Tage arbeiten wir im Hotel Teuchelwald in Freudenstadt intensiv daran. Nächste Woche genauso. Im Oktober werden wir weiter am Stück arbeiten, so dass am 15. Oktober die Première stattfinden kann. Darauf freue ich mich sehr. Ich halte Euch auf dem Laufenden.
Es war ein voller Monat voller Abschlüsse und Vorbereitungen auf 2022. Auch erleben wir einen Übergang vom Lockdown mit oder ohne Online-Angebote zur Präsenz-Zeit. Kann man die beiden Verbinden? Und gleich steht die nächste Veranstaltung steht bevor. Montag fahre ich zum Clowncamp.
In diesem Monat sind einige längere Veranstaltungen zu Ende gegangen: Die Jahresgruppe 1, die im Dezember anfing und hauptsächlich online gelaufen ist. Erst die beiden letzten Abschnitte waren "in Präsenz". Die Jahresgruppe 2, die eigentlich schon Oktober 2020 hätte abgeschlossen werden sollen, wurde erst gerade im Juli zu Ende gebracht. Was mir eine besondere Freude machte, war die Bereitschaft am Ende, doch einen "Narrensprung" zu machen und beim letzten Abschnitt auf die Bühne zu gehen, auch wenn bei der einen Gruppe "nur" acht eingeladene Gäste und bei der anderen Gruppe zwei dabei waren. Tatsächlich reichten sie, um die notwendige Atmosphäre eines Auftritts herzustellen.
Doch ist der kurzen "live"-Zeit und im Fall der zweiten Jahresgruppe nach einer langen Zwangspause (sie wollte keinen Online-Abschluss machen) war genügend Vertrauen angesammelt, dass die (vorwiegend) TeilnehmerInnen in der Lage waren, ihre Ängste in Energie umzuwandeln und sich auf das Spiel zu konzentrieren. Sie zeigten sich in ihrer Spiellust und konnten auch mit ihren eigenen Prägungen spielen, so dass das Publikum nicht nur einiges zu lachen hatte, sondern auch nachvollziehen konnten, wie die Komik zustande kam. Die Zuschauer kannten die SpielerInnen Dich und waren sehr angetan und berührt, wozu sie in dieser Zeit im Stande waren zu inszenieren. Der Auftritt ist zwar nicht das Ziel der Jahresgruppen, aber ein wichtiger Höhepunkt, der einen Narrensprung erfordert. Ich freue mich, wie dies in den allermeisten Fällen gelingt und die TeilnehmerIn selbst überrascht!
Auch eine Online-Clowngruppe, die nach dem Tod ihres Lehrers Dieter Bartels von der Schule für Tanz, Clown und Theater (TUT) im Lockdown nach Zusammenhalt und nach einer Weiterführung suchten, habe ich selbst beendet, als ich merkte, dass Urlaubspläne und die Suche nach "live"-Veranstaltungen sowie die Weiterbildung zum Klinikclown mehr Raum einahme, bevor die geplanten fünf Treffen beendet waren. Positive Rückmeldungen wie diese tun gut:
"es hat mir sehr viel Freude bei Dir gemacht, ich habe eine Menge gelernt und mag Deinen Ansatz „Clown, Humor und das Leben an sich“. Besonders gut fand ich deinen Hinweis, immer bei sich selbst anzufangen, wirklich ins Spüren und Wahrnehmen zu kommen, ganz körperlich, emotional - raus aus den erdachten Kopfgeschichten - einfach so sein, wie es in dem Augenblick eben so ist. Das Kleine größer werden lassen und den Mut haben, sich - auch öffentlich - mit sich selbst zu beschäftigen. Das erfordert den Mut der absoluten Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Das ist toll. Ich nehme also ein ganze Menge mit ..."
Montag geht es weiter zum jährlichen Clowncamp - in diesem Jahr in Zierenberg an den Helfensteinen im Haus Lebensbogen. Dreißig TeilnehmerInnen plus drei im Team. Dabei fünf Kinder. Viel Narrenfreiheit, Lebenslust und Spiel steht uns bevor.
Kaum war Winter, jetzt ist alles weg! Gerade hat es wieder so viel geregnet, dass das Grün wieder hervorkommt. Stromausfälle hatte wir auch die Woche gehabt. Zum Glück nicht während meiner Online-Seminare.
Montag – noch beim jährlichen Treffen der Gruppe: „Lebendiges Lernen“ mit 14 Teilnehmer*Innen – konnten wir, die im Schwarzwald leben, den anderen Online-Teilnehmern aus anderen Teilen Deutschlands eine weiße Pracht mit dem Notebook zeigen.
Inzwischen habe ich nicht nur die beiden ersten Teile der ersten Jahresgruppe online angefangen, sondern auch den ersten Teil der zweiten Jahresgruppe. Zwei offene Seminare „Das Feuer wieder wecken“ und „Das Ziel ist im Weg“ (für die Clownschule in Hannover (TUT) habe ich im Januar auch durchgeführt. Und im Februar bin ich dabei, am 12.2. einen Erlebnisabend und am 13./14.2. mein Basisseminar: „Humor und die Kraft des Lachens“ online zu organisieren. Ich kläre auch gerade, ob ich anstatt eines 5-tägigen Spielertrainings 3 Regietage anbiete. Es sieht so aus, dass ich vom 26.-28. Februar per zoom Einzelunterricht mit Spielberatung anbiete. Interesse haben manche schon bekundet.
Wahrscheinlich wird es eine ganze Weile so weitergehen. Viel sprechen gern von „Krise als Chance“, bis wirklich eine Krise da ist. Viele wehren sich gegen den Einzug der online-Begegnung, auch weil sie nicht möchten, dass es „normal“ wird. Und dann ist nicht jede/r so technisch eingestellt oder versiert, dass man sich „traut“ oder auch nur Lust hat, sich auf diese Art einzulassen. Das kann ich schon verstehen.
Ein Gemisch aus vielen Gefühlen machen sich breit. Sieht es bei Dir beim bloßen Gedanken an Online-Seminare auch so aus? Ich ziehe Begegnungen „in Person“ auch vor. Ich kann aber von den letzten Erfahrungen berichten, dass wir einander tatsächlich begegnet sind. Gar haben Teilnehmer*Innen erstaunt berichtet, dass der Raum vertrauensvoll war. Sie konnten sich zeigen und fühlten sich gar weniger gehemmt in ihrem eigenen Raum als wenn sie sich unter fremden Menschen zeigen „müssten“.
Ich bin über die Möglichkeiten froh, die mir die Technik als Seminarleiter bietet und lerne durch die Praxis, wie Zusammenspiel, Bühne, Runden und kleine Vorträge und Erklärungen sich einander ablösen und unterstützen, um das Gesamterlebnis lebendig zu gestalten und Spielfreude zu vermitteln und Spontanes zu ermöglichen. Jetzt kommt es wirklich nur noch auf mich an, Auftritte, Lernangebote, Austausch, Begleitung und Regie auf diese Weise in die Tat umzusetzen. Gleichzeitig freue ich mich darauf, Euch wieder in Person zu begegnen – auch maskiert.
Lasst uns also die virtuellen Spielräume nutzen und uns überraschen, wie persönlich sie sein können und hoffen, dass die Entwicklung und die Mitwirkung unserer Zeitgenossen uns bald wieder erlauben, zu reisen und uns wieder in Person zu begegnen.
Einen interessanten Artikel mit einem Interview mit mir zum Thema findet Ihr im Schwarzwälder Boten. Um den Artikel lesen zu können muss man sich allerdings kostenlos registrieren. Bleibt gesund, lebensfroh, gelöst und gelassen.
„Glückselig also ist ein Leben, welches mit seiner Natur im Einklang steht“ (Lucius Annaeus Seneca). Eine Weihnachtsbotschaft? "Auch im Sturm bleibt der Baum standhaft und sich treu": Ein Motto fürs Leben, nicht nur für Zeit zwischen den Jahren - die Zeit des Narren.
Ich nehme die „Zwischenzeit“ als meine Gelegenheit wahr, meine besten Wünsche für das kommende Jahr an alle zu senden, die ich durch die Kraft des Lachens kennen gelernt habe. Die Zwischenzeit ist in vielen Traditionen die Zeit des Narren. Der Raum dazwischen erlaubt eine andere Perspektive auf sich und die Welt.
Danke an die, die mich über lange Jahre unterstützt und ermutigt haben und die sich immer wieder mal melden.
Eure anerkennende Rückmeldungen sind mir eine willkommene Bestärkung. Es ist für mich schön zu erfahren, wie manchmal eine einzige Begegnung immer noch für das eigene Leben einen wesentlichen Impuls gab.
Danke an die, die ich dieses Jahr kennen lernen durfte. Ich freue mich immer wieder, so unterschiedliche Menschen und ihre Welten zu erleben. Auch bedanke ich mich dafür, dass Ihr die Maßnahmen mitgetragen habt, ohne die wir uns nicht hätten treffen können. Trotz dieser Einschränkungen war es mit Eurer Mithilfe möglich, unseren Humor miteinander zu stärken und eigene Wege für die eigene Entwicklung zu finden - auch mit dem Virus.
Danke auch an alle Veranstalter, für die dies natürlich genauso gilt. Ihr musstet mit ganz schön vielen Bestimmungen und Einschränkungen zurecht kommen, die auch Eurer Existenz in Frage gestellt haben.
Dieses Jahr ist für uns alle gesundheitlich eine Herausforderung gewesen. Unsere familiären und persönlichen Beziehungen zu pflegen und manchmal überhaupt noch möglich zu machen, erfordert viel Kraft, körperlich wie emotional. Es hat unsere Wahrnehmung für das uns Wesentliche geschärft. Vielen hat es deutlich gemacht, wie wir aufeinander angewiesen sind, wie wir uns brauchen - ob wir uns kennen oder nicht. Eine solche Krise, wie jede Krise, zeigt auf, was uns verbindet. Bedauerlicherweise trennt uns auch Vieles.
Mein Bestreben ist es, unseren Humor zu stärken. Das heißt nicht allein, dafür zu sorgen, dass wir mehr lachen.
Humor heißt für mich Lebendigkeit, Ausdruck, Beziehung, Menschlichkeit, Spielraum. Diese Grundfähigkeiten und Bedürfnisse sind zentral dazu, Mensch zu bleiben, wie wir dies auch von anderen wünschen. So finden wir immer wieder die Freiräume, welche Spiel, Witz und kreatives Handeln ermöglichen. Menschen wollen sich verbinden, hoffen und freuen.
In diesem Sinne wünsche ich Euch mehr Humor, mehr Narrsein, nicht nur im kommenden Jahr. Anders ausgedrückt: „Liebe Deinen Esel wie Dich selbst“.