Heyoka!


Eine Vision

Eines Nachts saß ich einmal in einem Krater auf Lanzarote in einem Steinkreis. Ich war auf Visionssuche, einem Ritual der amerikanischen Indianer. Es ging mir dabei um meine Bestimmung, und darum bemühte ich mich, die ganze Nacht zu wachen, ohne einzuschlafen. Ich war nackt und fühlte mich dabei wohl und völlig zufrieden, an diesem Ort zu bleiben und nichts anderes zu tun, als da zu sein. Danach habe ich ein Bild gemalt, vor dem ich oft sitze, um mich an meine Entscheidung von damals zu erinnern. Ein Mann sitzt ruhig und nackt in einem Steinkreis, umgeben von der Natur, von Tieren, und mit einem Stab in der Hand. Dieses Bild strahlt für mich noch heute das Gefühl aus, das ich damals empfand. Das Bild stellt für mich den Weg als Heiler und Wandler dar, der verbunden ist mit der inneren und äußeren Natur.

Als ich zum ersten Mal von dem Heyoka (Heyoehkah) hörte, sprach er mich besonders deswegen an, weil er in einer bestehenden (Indianer-)Kultur eingebunden ist. Das ist es, was mir am meisten gefehlt hat und was ich als Spieler, Lehrer und Heiler verwirklichen möchte. Die Hopi-Indianer haben tatsächlich sogar vier verschiedene Clown-Clans. Diese haben traditionsgemäß drei Aufgaben: Sie sind die Stimmungsmacher im Stamm, die alle mit Possen zum Lachen bringen; sie sind die Lehrer und Erzieher der Kinder durch Spiel; sie dürfen sich über Heilrituale, Heiltänze, überhaupt alles, was heilig ist, und das Verhalten der Stammesmitglieder lustig machen. Der Heyoka erschafft dadurch Ordnung, Frieden, Gesundheit und Verbundenheit, wandelt die Energie und ist Freund und Spiegel, ein echter Verbündeter für die Mitglieder der Gemeinschaft. So möchte ich sein.

Der Heyoka (Heyoehkah) – Der Narr als Wandler und Verbündeter

In die Tradition der nordamerikanischen Indianer eingebunden, ist der Heyoka (Heyeohkah) nicht nur der Clown, auf den sich Erwachsene wie Kinder wegen seiner Possen, seiner absurden Kleidung, seiner komischen Gesichter und seines grenzsprengenden Spieles freuen. Er ist auch der universelle, weise und wohlwollende Narr, der zugleich Spieler, Schamane und Lebenslehrer ist. Er lehrt den Fluß des Seins.

Der Clown ist seiner sozialen Stellung nach sowohl ein Zugehöriger der Dorfgemeinschaft, als auch ein von ihr Ausgeschlossener. Bei den Sioux war die Position des Heyoka dadurch bestimmt, daß ihm die höchste aller Visionen, nämlich die des Donnerwesens, zuteil wurde. Ihm wurde dadurch eine höhere Einweihung zuteil als dem Medizinmann oder Tierpriester, wie zerlumpt der Clown auch herumlief. Von allen Stammesmitgliedern bekam er Respekt.

Aufgrund seiner Vision hat der Clown jede Angst vor Schuld, Strafe und Isolation überwunden, wie auch vor Schmerzen, Krankheit und Tod. Im Schöpfungsmythos der Jicarilla-Apachen war es der Trickser, der die Menschen aus dem Dunkel der Erde ans Licht der Sonne führte. Mit seinem entsetzlichen, unmenschlichen Lachen soll er dabei alle Krankheiten vertrieben haben.

Alles, was er in seinem Spiel tut, zielt darauf ab, die Menschen zum Lachen zu bringen, damit sie sich selbst spüren und von festgefahrenen Einstellungen und Konzepten loslassen. Er dreht die Rituale um oder übertreibt sie maßlos. Er tut alles, um die Selbstgefälligkeit und Vorurteile seiner Mitmenschen aufzudecken um mit Lachen zu heilen und zu ermutigen.

Er ist der unachtsame, heillose Freßsack, der ”Hanoclown” der Hopi-Indianer, der ohne Manieren und mit viel Genuß Wassermelone und was er sonst noch kriegen kann, in sich stopft. Er stolpert über die eigenen Füsse. Er ist einfältig und naiv und posaunt seine Ängste und seine Meinung in die Welt hinaus.

Er ist der Ausdruck körperbetonter Lebendigkeit, - einer, der handelt. Einer, der auf seine Spontaneität und seine Liebe zum Extremen vertraut. Er kennt die Angst und geht auf sie zu. Er hat den Mut, fassungslos dazustehen und sucht in der Katastrophe die Lösung.

Er kann in die Welt der Anderen steigen, in ihre Verbohrtheiten und Verrücktheiten. Er mimt sie liebevoll und bringt selbst den Leidenden dazu, über das eigene Leid zu Lachen. Er bringt das Lachen und die Lebenslust und festigt das natürliche Sein und die Verbundenheit im Stamm zum Göttlichen. Er hilft abwegige und unverbundene Einstellungen zu bannen und wird als Wandler, Verbündeter und Vermittler zwischen den Welten angesehen.